Chronik Wanlos
Der Schullehrer und Chronisten Heinrich Küppers schrieb auf dem Deckblatt zur Wanloer Chronik:
Der Chronist wünscht, daß diese Chronik nie
anderen zum Lesen oder Abschreiben überlassen wird, das kann nur
in der Wohnung des Chronisten geschehen. Gegen das Ausleihen der
Zweitschrift dieser Chronik bestehen keine Bedenken.
Der Chronist
Der am 30. November 1998 verstorbene Heinrich Küppers vererbete seine Chronik an Herrn Hermann-Josef Van Der Varst, der sie der DIG zur Veröffentlichung zur Verfügung stellte.
Danke an Herrn Heinrich Küppers, der mit viel Liebe und Mühe die Daten gesammelt und aufgeschrieben hat!
Danke an Herrn Hermann-Josef Van Der Varst, der die Chronik und viele alte Fotos bewahrt und vor der Vernichtung gerettet hat!
Vorwort zur Chronik
Bis zum heutigen Tag wurde allgemein angenommen, daß für das Dorf W a n l o eine Chronik handschriftlich geführt wurde. Es würde davon gesprochen, daß ein Herr Oellers, früher auf der Kirchstraße wohnhaft, eine solche besitze und geschrieben habe. In letzter Zeit aber stellt es sich heraus, daß eine solche Chronik nicht besteht, sondern daß es sich um eine "Geschichte der Pfarreien der Erzdiözese Köln von Dr. K. Th. Dumont, IXII.Dekanat Grevenbroich von Dechant H.H.Giersberg" handelt, die im Verlag P.Bachem, Köln, 1883, gedruckt worden ist.
Da sich seit einigen Jahren (etwa ab 1950) in gesamten europäischen Raum gewaltige Umwälzungen sowohl gesellschaftlicher wie auch politischer Art vollziehen, scheint es doch angebracht, eine Dorfchronik zu schreiben; denn das kleinste Dorf wird heute von der "modernen Zeit" so gewaltig erfaßt, wie noch vor keiner Zeit, und es dürfte für einige Generationen später hoch interessant sein, die Entwicklung des Dorfes W a n l o in Einzelheiten aufgezeigt zu sehen.
Es ist bekannt, daß sowohl vom jeweiligen Pfarrer eine Pfarrchronik und vom Schulleiter eine Schulchronik zu führen sind. Beide bewegen sich meist im Bereich des rein Religiösen bzw. rein Schulischen. Gar zu oft entstehen Lücken, wie z.B. in der hiesigen Pfarrchronik, in der fast ein Jahrhundert fehlt. Anderenorts ließ die politische Vergangenheit teils Blätter, teils ganze Chroniken verschwinden, da die Chronisten entweder wenig Interesse für das Geschehen im Dorf hatten oder aber sie hatten die Zeit zu sehr dem "herrschenden Regime" zugeschnitten und waren froh, wenn das Geschriebene in den Wirren der Kriegs- und Nachkriegszeit verloren gegangen war.
Gewiß, jeder Chronist ist ein Kind seiner Zeit. Es soll aber im Folgenden versucht werden, weder dem einen noch dem anderen "nach der Nase" zu schreiben; es soll eine freie Meinung geäußert werden, die auch nicht vor einer Kritik sowohl des Politischen als auch Religiösen halt macht. Möge die Nachwelt entscheiden, ob der Chronist richtig geurteilt hat, möge aber der Herrgott-/der Vater, der Sohn und der Heilig Geist -helfen, daß nur die Wahrheit und die Gerechtigkeit absiegen, mögen sie vor allem mithelfen, der Nachwelt aus ihrer bisherigen Geschichte heraus aufzuzeigen, welchen Weg sie gehen muß, damit sie nicht dem Untergang preisgegeben ist; denn Sieg oder Tod, frei sein oder Sklave werden, hängt von der Einstellung des Menschen zum Leben ab. Wer sich dem Irdischen verschreibt, wird mit dem Irdischen untergehen. Das Leben aber kann nicht nur zum Untergehen bestimmt sein, es muß einen Sinn, einen Wert haben. Ob es aber einen Wert hat, das bestimmt der Mensch selbst.
Wanlo, im Dezember 1963
Der Chronist: H. Küppers
Zur Person des Chronisten
Ich bin ein gebürtiger Wanloer.1913 in Wanlo geboren, besuchte ich später in Rheydt die Höhere Schule und anschließend in Bonn die Hochschule für Lehrerbildung. 1937 erhielt ich die erste Stelle als Lehrer nach Geilenkirchen-Hünshoven zugewiesen und vier Wochen später wurde ich nach Süsterseel, Selfkant, versetzt. Von 1939 bis 1945 machte ich den 2.Weltkrieg an der West= und Ostfront mit.
1953 kam ich auf Wunsch der Eltern wieder nach Wanlo zurück. Hier war Herr Lehrer Nikolaus Schön, von dem ich selbst noch 1 Jahr lang unterrichtet worden bin bevor ich zur Höheren Schule ging, pensioniert worden. Ich übernahm zunächst die Stelle meines früheren Lehrers. 1958 wurde mir die Leitung der Schule übergeben, da Herr Hauptlehrer Gippert wegen Erreichens der Altersgrenze ebenfalls pensioniert wurde.
Ich hoffe, manches aus der Vergangenheit wieder erstehen lassen zu können, da zahlreiche Begebenheiten aus früherer Zeit selbst miterlebt wurden.
Sollte ich einmal die Chronik nicht mehr führen können, ist sie an einen Wanloer Bürger weiterzugeben, der sich verpflichtet fühlt, dieselbe weiterzuführen. Dabei spielt es keine Rolle ob es der derzeitige Lehrer oder ein einfacher Bürger ist. Mögen die Nachfolger sich nur bewußt sein, daß sie der Heimat einen Dienst erweisen sollen.
Wanlo im Dezember 1963
Zur Anlage der Chronik
Zur Anlage der Chronik:
Die Chronik soll zunächst aus losen Blättern bestehen, damit hin und wieder Begebenheiten eingeflochten werden können, besonders im ersten Teil; denn die Aufteilung erfolgt in 2 Teile.
Teil 1 soll Abschriften oder Aufzeichnungen aus alten Büchern oder aus Erzähltem enthalten
(Die einzelnen Arten sind zu bezeichnen, mit "Abschrift aus…" "Erzählung" usw.)
Teil 2 soll die Jetztzeit enthalten.
Die Sprache der Chronik erhebt keinen Anspruch auf literarische Feinheiten, sie soll so, wie sie dem Augenblick entspringt, niedergeschrieben werden.
Die Schreibmaschinenschrift wird benutzt, da bei alten Chroniken festgestellt wurde, daß die Tinte mit den Jahrzehnten verblaßte und die Handschriften nur noch schwer zu entziffern sind.
Sollte ein Nachfolger keine Möglichkeit der Benutzung einer Schreibmaschine haben, mag er die Chronik mit Tinte weiterführen.
Wanlo, im Dezember 1963
Neue Unterlagen zur Chronik:
1985 erschien im B,Kühlen Verlag ein Buch mit der Überschrift: "Erkelenzer Börde und Niersquellengebiet" von Karl L. Mackew
In diesem Buch ist die Geschichte des Ortes Wanlo sehr ausgiebig, was vor allem die ältere Geschichte betrifft, geschrieben worden, so daß es als unmöglich angesehen wird, alles über das Dorf Wanlo aus diesem Buch in die bisherige Chronik zu übertragen.
Das oben genannte Buch gehört somit der bisherigen Chronik an.
Wanlo, im Dezember 1985
Der Chronist
Das Einordnen von Zeitgeschehnissen in die Dorfchronik
Wenn eine "Dorfchronik" auch nur über das berichten sollte, was sich "im Dorf" abgespielt hat bzw. abspielt, so dürfte es dennoch angebracht sein, hin und wieder diesen oder jenen Zustand des Zeitgeschehens -auch des außerdörflichen- einzufügen, um die Veränderungen in den Lebensbereichen aufzuzeigen. Die Zeit steht eben niemals still and das auch nicht für das "dörfliche" Leben. Manche Berichte oder Zeitungsausschnitte werden nicht immer chronologisch beigefügt, sondern den Bereichen zugeordnet denen sie angehören. Dadurch soll die stattgefundene Veränderung deutlicher gemacht werden. Es werden aber stets die Daten des Geschehens oder des Erscheinens (in Zeitungen) angegeben.
Aus Wanlos alter Geschichte
Abschrift
Nr.24 Rheinische Landeszeitung 24. Januar 1937
Aus Wanlos alter Geschichte
Als wildes Kriegsvolk die Ortschaft plünderte / Der Kirchturm stürzte ein.
Es ist immer von eigenartigem Reiz, in der Geschichte der Städte und Dörfer unserer engeren Heimat zu blättern. So stellt uns Herr Werner 0ellers aus Wanlo einige Angaben über die Geschichte Wanlos zur Verfügung, aus denen man sich ein kurzes Bild der Geschichte dieser Ortschaft machen kann.
Eine sehr alte Siedlung.
Der Name Wanlo ist aus zwei Worten entstanden, aus Wan oder Wanne and lo oder Loh. lichter Wald. Wanlo heißt demnach lichter Wald, der in einer Wanne oder Mulde liegt. Das Dorf Wanlo hat schon eine alte Geschichte. Ein Hünengrab und der alte Galgenberg sind Zeugen dafür, daß in frühen Jahrhunderten hier eine Gemeinschaft bestanden hat. Urkundlich kommt Wanlo schon um das Jahr 861 vor. Da wird Wanlo in einer Urkunde als Lehen des reichen Eifelklosters erwähnt. In der Folgezeit wohnten hier mehrere Ritter, was aus den noch vorhandenen Wappen an einzelnen Bauernhöfen zu ersehen ist . Schon im Jahre 861 gab es in Wanlo, wie aus der Urkunde hervorgeht, eine christliche Gemeinde. Ein Edelherr Herimanus de Wanlo kommt 1106 in einer Urkunde des Erzbischofs Friedrich I. von Köln vor. 1158 bestätigt Erzbischof Friedrich II. von Köln dem Nonnen-Convent zu Königsdorf seine Besitzungen zu Wanlo. 1254 fordert Erzbischof Konrad den Grafen von Berg auf, dem Grafen von Jülich keine Hilfe im Kriege zu leisten, weil derselbe noch immer die Herausgabe der Güter zu Wanlo verweigere. Wilhelm Graf zu Jülich verträgt sich 1552 mit Konrad Herrn von Dyck wegen des Dorfes Wannele. 1386 verkauft Gerhard Herr zu Dyck dem Herzog Wilhelm von Jülich Wanlo mit den Gerichten und Gefällen. Die Schöffen von Wanlo bekennen 1553, daß sie dem Herrn Reinard von Anradt Prior in Grevenbroich verkauft haben.
Das waren schlimme Zeiten
Als die Spanier in Deutschland hausten, wurde Wanlo hart mitgenommen. Darüber heißt es in der Zeitschrift des Aachener Geschichtsverein, III: Im Jahre 1585 am 12. April hat das hispanische Kriegsvolk das Dorf Wanlo, Keyenberg und Junker Zuyrß redliche Behausung in Westrich einbekommen und spoliert. Am 21. und 22. Januar 1586 haben sie sich in die Dörfer Wanlohe und Keyenberg und Holzweiler eingelagert und die Untertanen über ihr Vermögen gezwungen. Am 15. Mai 1585 sind die auf den Häusern von Odenkirchen, Horst und Glehn liegenden Kriegsleut mit den Linnischen, Uerdingischen und Kaiserswerdischen in der Nacht in die 2oo Mann stark in das Dorf Wanlo gefallen, daselb angestochen,13 Häuser abgebrennt, das ganze Dorf spolirt, 5 Pferde 70 Stück Rindvieh, 3o Schweine, 15o Schafe geraubt, die Kirch ufgebrannt, alles werth was darin war mitgenommen, und auch noch drei Hausleute erschossen, und eine Frau mit zwei Kindern verbrannt und haben den Raub auf Burg Odenkirchen geteilt, und ist ein jeder Hauf mit seinem Teil hingezogen.
Eine alte hölzerne Tafel mit Wappen in der Sakristei der alten Kirche sagt:
Anno 1587 den 14. Februar sind die edlen und ehrenfesten Robert und Bernard von Wildenrath, Vater und Sohn, auf ihrem Gute Wildenratherhof unschuldig und erbärmlich entleibt. R.i.p. Mit einem Eichenbrett hat man sie durchsägt.
Zur Zeit des spanischen Krieges haben die Schöffen von Wanlo 3 3/4 Morgen Kirchenland verkaufen müssen, um entstandene Lasten zu bezahlen. Nicht minder groß waren die Brandschatzungen, Kontributionen und Einquartierungen im 3ojährigen Krieg in Wanlo. 1624 geriet der Pastor Tetzius in holländische Gefangenschaft und schmachtete darin 13 Wochen lang. 1634 plünderten die Hölländer die Kirche, raubten die Wertsachen, vernichteten die Dokumente und verwundeten und töteten mehrere Einwohner. 1642 wurde der damalige Vitenius verbannt, so daß lange Zeit kein Geistlicher im Dorfe war und man die Kinder nach Erkelenz zur Taufe bringen mußte. In dieser Zeit plünderten die Hessen abermals die Kirche und das Dorf Wanlo.
Kleine Pfarrgeschichte
Wanlo mit Kuckum gehörten 1650 zum Amte Caster. Die damals eingepfarrten Orte Venrath und Kaulhausen gehörten unter Dahlem, jetzt Rheindahlen. Im 14. Jahrhundert finden wir Wanlo mit einem Vikar als selbständige Pfarre der Christianität Bergheim verzeichnet. Das Patronat übte der Herzog von Jülich aus. Venrath und Kaulhausen gehörten zur Pfarre Wanlo. In Venrath war eine Kapelle, wo Sonn- und Feiertags eine Frühmesse gelesen wurde. 1606 war Venrath dann zur Pfarre erhoben worden. Durch die Zeitverhältnisse war die Pfarre aber alsbald wieder eingegangen. 1750 wurde Venrath wiederum zur Pfarre erhoben. Doch erwirkte der damalige Pfarrer von Wanlo vom Landesherrn, dem Kurfürsten von der Pfalz, einen Gegenbefehl. So blieb denn Venrath in seinem alten Verhältnis zu Wanlo, bis am 1. März 1804 der Bischof von Aachen Venrath den Rang einer Succursalpfarre verlieh, der er Kaulhausen, Beckrath und Herrath zugesellte.
Als der Kirchturm einstürzte
Interessant ist die Geschichte der Pfarrkirche. Wanlo hatte vor der jetzigen Kirche eine Kirche, die im Frühjahr 1898 abgerissen. Wurde .Diese Kirche stammte in ihren ältesten Teilen aus dem 12. Jahrhundert. Sie war eine einschiffige kleine romanische Pfeilerbaslika. Der Turn der Kirche stürzte am letzten Ostertage des Jahr es 1752 ein. Der damalige Pastor Kirchbauer war der Ansicht, der Einsturz sei eine Strafe Gottes für das damals in Wanlo anscheinend sehr beliebte Kartenspiel, dem sich die Einwohner während des Gottesdienstes hingaben. Aus der alten Kirche befindet sich noch ein alter Taufstein aus dem 11. oder 12. Jahrhundert und eine alt e Glocke aus dem Jahre 1404 in der neuen Kirche. Die neue Kirche wurde in den Jahren 1899 and 1900 erbaute In Jahre 1791 kam Wanlo unter französische Verwaltung. Am 15. Januar 1814 kam es wieder an die Krone Preußens zurück. An diesem Tage konnten die Wanloer die Vorposten der Alliierten (Preußen usw.) willkommen heißen.
In Jahre 1817 herrschte in Wanlo eine große Hungersnot. Für ein zwölfpfündiges Schwarzbrot mußte man einen Reichstaler zahlen. Noch im vorigen Jahrhundert wies Wanlo eine Reihe von Wassermühlen auf, die an der Niers in Betrieb waren. Am westlichen und östlichen Ausgang des Dorf es standen zurzeit auch noch zwei Windmühlen. Neben der Landwirtschaft betrieben die Wanloer in früherer Zeit einen ausgedehnten Flachsanbau and die Leinenweberei. Fast in jedem Hause war ein Webstuhl. Besonders während des Winters wurde fleißig gesponnen. Das dauerte etwa bis um die Mitte des vorigen Jahrhunderts.
Wanlo hatte auch einen Galgenberg, eine Richtstätte, auf der die Verbrecher hingerichtet wurden. So geschah am 2. 0ktober 1758 noch die Hinrichtung von Heinrich Billstein and Michael Schiffers. Am 3. Oktober war die Tortur eines Ludwig Vieten auf dem Galgenberg.
Ehemalige Rittersitze
Wer heute nach Wanlo kommt, dem fallen besonders einige große Bauernhöfe auf, die an der Peripherie des Ortes liegen. Zunächst ist, wenn man von Wickrathberg kommt, der so genannte Cappelshof zu sehen, der inmitten von Wiesen liegt. Am Dorfausgang auf Kuckum zu liegen der Schwalmer Hof und der Wildenrather Hof. Diese Höfe gehörten einst Rittern. Längst ist aber diese ritterliche Herrlichkeit dahin. Nur noch dem Heimatkenner, der die Geschichte aus den alten Chroniken her kennt, ist ihre Bedeutung bekannt.
Die Besitzer und Pächter der Güter Cappelshof, Wildenrather Hof und Schwalmer Hof.
(Nach Angaben des Herrn Christian Jorissen und des Herrn Josef Heinen im Jahre 1966)
Cappelshof | Wildenrather Hof | Schwalmer Hof |
Knorr Breuer Herfs Heinen Belser / Behrenberg Heinen (Pächter) |
Christian Jorissen (Eigentümer) Josef Sauerland (Eigentümer) Hoffmann- Decker (Eigentümer) |
Mehl Borges (Eigentümer) Lörken (Eigentümer) Platen (Eigentümer) Weckmüller (Eigentümer) von Hasselt (Pächter) Neulen (Eigentümer) |
Pfarrer Georg Hütten
Auf Pfarrer Adolf Plönnies folgte Pfarrer Georg Hütten. Dieser schreibt in der. "Chronik der Pfarrgemeinde Wanlo" - und das mag vielleicht bezeichnend sein für die Persönlichkeit und des spätere Geschehen um die Person des Pfarrers - über sich selbst unter "Einführung des neuen Pfarrers"
Am 1. August 1908 wurde zum Pfarrer von Wanlo ernannt der bisherige Domvikar Georg Hütten zu Köln. Geboren am 5. November 1870 zu Walheim im Landkreis Aachen als Sohn des Lehrers Johann Georg Hütten, besuchte er das Kaiser Karl Gymnasium zu Aachen, die Universität zu Bonn and wurde am 15.August 1895 in Köln zum Priester geweiht. Seine erste Anstellung erhielt er als Domvikar an der Metropolitankirche zu Cöln and als Bischöflicher Kaplan des hochseligen Weihbischofs Dr. Hermann Joseph Schmitz zu Köln, den er bis zu seinem am 21. August 1899 erfolgten Tode begleitete. Nach dessen Tod war er Kanzleidirigent am Erzbischöflichen Generalvikariate und Schriftführer des Deutschen Vereins vom hl. Lande. Als solcher besuchte er im Jahre 1900 and 1906 das heilige Land and erhielt den Orden vom hl. Grabe und das Kommandeurkreuz des Türkischen Medjidie-Ordens.
Pfarrer Hütten verstand es, kirchliche Anlässe besonders feierlich zu gestalten. Fast immer fand eine Prozession mit "weißen Kindern" und. vielen Meßdienern statt. Besonderen Nachhall fanden seine Predigten - wenn Sie auch manchmal mit allza "donnernder" Stimme schimpfend über den einen oder anderen Mißstand im kirchlichen Leben der Gläubigen durch die vollbesetzte Kirche schallten. Besonders widmete sich Pfarrer Hütten den kirchlichen Vereinen. Unter seiner Amtszeit wurde der Borromäus-Verein neu eingerichtet, 1909 die St. Antonius-Bruderschaft zu neuen Leben erweckt, ebenfalls 1909 ein Marianische Jungfrauen-Kongregation gegründet, 1910 folgte die Marianische Jünglingskongregation mit dem Tite1 "Hermann-Joseph-Jünglingsverein" am 16.Oktober 1910 die St. Michaels-Bruderschaft, am. 25.Dezember 1911 der Mütter-Verein gegründet, am 6. Januar 1912 der Kindheit-Jesu-Verein, am 8. Dezember.1912 der Verein "Männer-Apostolat".
Vom 13. April 1910 bis zum 29. Mai 1910 machte Pfarrer Hütten eine Pilgerfahrt zu den hl. Stätten Palästinas gelegentlich der Einweihung der Sionskirche. Auf der Rückreise besuchte er Rom. Von Montag, dem 20. April bis zum 9. Mai .1914 befand sich der Pfarrer auf einer Romreise zum hl. Vater Pabst Pius X.
Am 1. September 1908 wurde der Pfarrer zum Ortsschulinspektor ernannt. Er ergriff daraufhin die verschiedensten Maßnahmen auf schulischem Gebiet. Am 1. November 1911 gründete der Pfarrer zu Wanlo wie auch zu. Kuckum eine ländliche Fortbildungsschule mit zusammen 45 Schülern an welcher er samt den Lehrpersonen den Unterricht erteilte. Anfangs als Privatschule gegründet fand sie die Gutheißung des Reg.- und Schulrates Dr. Maskus, der sie mehrere male besuchte und wurde von der Gemeinde übernommen.
Um die jungen Mädchen zur Führung des Haushalts im Kriege anzuleiten gründete Pfarrer Hütten Ostern 1917 eine Hausmädchenschule, in welcher jedes mal ein Kursus von 16 Mädchen Unterweisung im Kochen und Nähen, Flicken etc erhielten.
Am Sonntag, dem 3o. September 1917 fand im Beisein des Geheimrats Dr. Maskus aus Düsseldorf Schulrat Schifferens, Rheydt, Landrat Baron von Byem-Grevenbroich, Bürgermeister Scholl, des Gemeinderates und vieler Anwesenden die Besichtigung und Prüfung der Schule statt. Dieselbe fand die vollste Anerkennung und wurde zur Nachahmung empfohlen. lm Laute der Zeit wurde dieselbe von vielen Interessenten und Bürgermeistern zur Informierung besichtigt und in Jahre 1918 von der Gemeinde übernommen.
lm Anschluß an die Schule veranstaltete Pfarrer Hütten einen Kursus für Anfertigung von Haus-Schuhen, an denen nach und nach
85 Teilnehmer auch viele Frauen teilnahmen.
Zur Bekämpfung der Tuberkulose gründete der Pfarrer eine örtliche Fürsorgestelle nebst Kursus für Säuglingspflege, an welche
47 Mädchen und Frauen teilnahmen. Für die Säuglinge wurde eine 14-tägige Mütterberatungsstunde eingerichtet.
Lehrerin an der Haumädchenschule wurde Fräulein Elise Mertens geb. 31.Mai 1895 als Tochter des Oberstadtsekretärs Leopold Mertens zu Mönchengladbach.
Unter Pfarrer Hütten brach 1914- der Weltkrieg aus. In der Pfarrchronik ist manches über Kriegsmaßnahmen nachzulesen, z. B Gottesdienst für die Gefallenen, "Religiöse Kriegsfürsorge", "Kriegsmaßnahmen", Soldatenfürsorge", "Sammlung", "Aufklärung des Volkes"
Als wesentliche Punkte mögen folgende Vorgänge aus der. "Pfarrchronik" herausgenommen werden:
Krankheiten:
Wohl eine Folge des Mangels an Fett und schlechter Ernährung war das Auftreten einer Drüsenanschwellung bei den Kindern in der Zeit vom. 15. Juni bis 1. Juli l9l5, infolgedessen die Schulen für 14 Tage geschlossen wurden. Es fehlten in jeder Klasse ungefähr 4/5 der Schüler.
Revolution:
In Deutschland bildete sich eine sozialistische Regierung und die Revolution warf ihre Wellen bis in den kleinsten Ort. Auch hier bildete sich ein Arbeiter- und Soldatenrat, aber mehr um auswärtige Elemente, die solches beabsichtigten, fernzuhalten. Wie harmlos diese Räteregierung war geht zur Genüge daraus hervor, daß der Pfarrer als geistlicher Berater einstimmig gewählt und zu den Beratungen zugezogen wurde. Vorsitzende des Arbeiterrates war Martin Hamacher and Anton Schäfer.
Besetzung des Ortes:
Am 27-November 1918 übernahm ein französischer Hauptmann in Hochneukirch die Ortskommandantar für Wanlo. Der Pfarrer and 6 andere Wanloer Bürger wurden als Geiseln bestellt and mußten sich ein halbes Jahr lang jeden Donnerstag morgens 9 Uhr in Hochneukirch melden.
Schulausfall wegen Kohlenmangel:
Die Not an Brennstoff wurde so groß, daß seit den Herbstferien 1918 bis zum 29. Januar 1919 wegen Kohlenmangel der Schulunterricht ausfallen mußte.
Wahlen 1918:
Am 19. November 1918 fanden die Wahlen zur Nationalversammlung statt. Zum erstenmale wählten auch die Frauen mit; jeder Deutsche, der 20 Jahre alt ist, ist wahlberechtigt. Es wurden hier 137 sozialistische Stimmen abgegeben, was aber mehr der Ausdruck der Missstimmung gegen die Kommunalverwaltung wegen Zurückweisung von Reklamationen und Missstimmungen in der Lebensmittelversorgung war. Wahlbeteiligung war 90 - l00%.
1919:
Das Jahr 1919 begann unter fremdländischerem Druck and unter strenger Besatzung. Jeden Donnerstag wanderten 7 Miann von Wanlo incl. Pfarrer zum Ortskommandanten in Hochneukirch um sich zu melden. Viermal wurde der Pfarrer vor den Kommandanten geladen, verwarnt und mit Strafen bedroht. Als Verbrechen wurde ihm vorgehalten, die Hirtenbriefe des Herrn Kardinals in der Kirche vorgelesen zu haben. Der Kommandant behauptete, der Pfarrer sei ein Hindernis für die pénétration pacifique der Bevölkerung.
Allgemeines über die Weltlage:
Wie sich nach dem Waffenstillstand die Verhältnisse geändert, darüber mag nachstehende Aufstellung der Preise für. Lebensmittel, Kleidung, Vieh usw. Kunde geben. Infolge des Streiks, der Arbeitsunlust, der rechtsrheinischen Unruhen, des Schieber- und Wucherertums, der schlechten Valuta (eine Mark =6 Pfg.) stiegen die Preise ins Ungeheure:
1 Ltr. Milch kostete 2,10 Mk, ein Pfund Butter 25-30 Mk (war aber trotzdem nicht zu haben, da mancher Landwirt sie geheim absetzte, aber nicht an Einheimsche um nicht als Wucherer zu gelten) ein 12-pfündiges Brot 6,60 Mk, 1 Pfd Margarine 15 Mk, ein Paar Herrenschuhe 180 - 200 Mk, ein Herrenanzug 1000 - 1200 Mk (was vor dem Krieg einen solchen von 5o - 6o Mk entsprach), 100Pfd. Stroh 25 - 30 Mk, ein Ei 2,50 Mk, ein 6 Wochen altes Schwein I50 Mk, eine milchgebende Kuh 3000 - 40000 Mk, eine Ziege 400 - 500 Mk, ein gutes Ackerpferd 12000 - 15000 Mk.
So am 31. Dezember 1919. Nach dem Elend des Krieges und dem Mangel an Lebensmittel nun die Teuerung.
Kohlenmangel:
Wegen Kohlenmangel mußte der Schulunterricht wiederum vom 8. - 16. Februar ausgesetzt werden. Der Religionsunterricht wurde während der Zeit in der Kirche bzw. in der Sakristei erteilt.
Rückgang des religiösen Lebens:
Am 29.Januar 1919 erhielt Wanlo 90 Franzosen für 3 Wochen als Besatzung. Desgleichen an 10. Juli 1919 bis 6. Juli 1919 eine. Abteilung von 2 ½ Kompanien. Sie letzteren veranstalteten fast jeden Abend und regelmäßig sonntags Tanzmusik und allmählich ließen sich viele, namentlich junge Mädchen in den Strudel der Vergnügungen zum Ärger der Gutgesinnten hineinziehen. Überhaupt nahm auch hier die Vergnügungssucht zu.
Allgemeines über die Weltlage:
Im Jahre 1920 sank der Wert unserer Mark immer mehr und die Teuerung stieg bedeutend.
Wucher- und Schiebertum gewissenloser Menschen (Wanlo nicht ausgenommen) verursachten die höchsten Preise, welche für die Nachwelt hier festgehalten werden:
Es kostete 1 Pferd 25 - 30 000 Mk, eine Kuh 10 -12 000 Mk, eine Ziege 500 - 600 Mk, ein fettes
Schwein 17-19 Mk das Pfd. Lebendgeeicht, 2 Zentner Weizen (einen Sack) 450-500 Mk, ein Zentner Kartoffeln im Herbst 4o-6o Mk, ein Pfund Butter 35 Mk, hiesiges geräuchertes Schweinefleisch 28 Mk und amerikanisches 22 Mk das Pfund, ein Pfund Weizenmehl 7-9 Mk, ein Liter Milch 2,5o Mk, ein zwölfpfündiges Brot (Schwarzbrot) 13,2o Mk, ein Paar Herrenschuhe 350 Mk, ein Friedensanzug für Herren, der vor dem Kriege für 7o Mk zu kaufen war, die Summe von l800 Mk.
Namentlich war die Kartoffelnot eine große.
Daneben darf aber auch die Mildtätigkeit mancher nicht unerwähnt bleiben.
Kuckum wird selbständiges Rektorat:
Am 10. Juli 1920 fand zu Kuckum nachmittags 4 Uhr die feierliche Einführung des ersten von der kirchlichen Behörde ernannten Rektors Arnold König statt.
Am 22. September 1922 wurde Herr Rektor Arnold König, seit 15 Monaten Seelsorger in Kuckum zum Rektor von Dorf, Pfarre Büsbach, Dekanat Cornelimünster ernannt.
Am 24. März 1923 erfolgte die Ernennung des bisherigen Präses des Konviktes in Erkelenz Herr Wilhelm Ohlert zum Rektor in Kuckum. Am 9. April 1923 wurde Kuckum eine Kapellengemeinde mit eigener Vermögensverwaltung.
Allgemeine Notlage:
Im Herbst 1923 erreichte die wirtschaftliche Not ihren größten Tiefstand durch die riesig von Tag zu Tag fortschreitende Geldentwertung. Es kam soweit, daß eine frühere deutsche Reichsmark gleich einer Billion Papiermark war. Infolge der Erwerbslosigkeit stieg auch die Not einzelner Familien in Wanlo und mußte der Caritas - Ausschuß recht häufig mit Unterstützung namentlich durch Kleider und Wäsche in Tätigkeit treten. Die kirchlichen Einkünfte waren infolge der Geldentwertung gleich Null und hielt es schwer, die Gehälter für die kirchlichen Angestellten halbmonatlich aufzubringen. Es waren wohl die ärmsten Weihnachten die 1923 gefeiert wurden.
Das erste Werk zur .Linderung der allgemeinen Not im Jahre 1924 war die Gründung einer Notgemeinschaft für die Pfarre Wanlo, wodurch einer die Lasten des anderen mittrug. Nach einem überaus harten und strengen Winter trat bis Ostern hier eine allmähliche Besserung ein. Auch eine Zunahme, des religiösen Lebens wer zu beobachten, ein Durchdringen des Gedankens, daß, Gott nicht die Menschen, sondern umgekehrt die Menschen Gott notwendig haben. Der Gedanke prägte sich allen noch tiefer ein, als am Pfingstsonntag l924 ein fürchterliches Hagelwetter den südlichen Teil des Ortes Wanlo mit seinen Fluren heimsuchte und die prächtig im Helm stehende Frucht ganz vernichtete. Mit Ausnahme von dreien waren alle versichert. Eine Kirchenkollekte sorgte für die ersteren.
Erwerbslose Banden der benachbarten Industriestädte, welche übertags Gaben sammelten, richteten durch Rauben, Stehlen und Brandstiftung von Scheunen großen Schaden und Schrecken an. In der nächsten Umgebung kam es in Monatsfrist zu 13 Bränden. In Wanlo brannte durch Brandstiftung; eine Scheune ab.
Besondere Ereignisse:
Ein tragischer Unglücksfall ereignete sich am 2. Fastnachtstag, indem ein Einwohner anscheinend im betrunkenen zustande die Treppe hinunterstürzte und bewußtlos blieb bis zu seinem nach 36 Stunden eintretenden Tode. Es war bekannt, daß derselbe sich vor einem Jahre am Fastnachtstage den Kopf nach Art der Klostertonsur hatte scheren lassen und in diesem Aufzug auftrat. "Womit Du sündigst wirst Du bestraft" war das Urteil des Volkes. Ein Bruch der Gehirnschale seines Kopfes war die Todesursache. Leider war auch seine Beteiligung am Gottesdienste durch Erfüllung der Sonntagspflicht keine gute gewesen, so daß dieser Unglücksfall allgemein als eine stumme Predigt wirkte. Misericordia Dei super eum!
Die Angaben auf vorstehenden Seiten wurden, wie bereits erwähnt, der "Chronik der Koth. Kirchengemeinde Wanlo" entnommen und sind fast alle von Pfarrer Hütten gemacht worden. Der Chronist hat Pfarrer Hütten selbst bis zu seinem 11.Lebensjahr gekannt. Es muß hier aber angeführt werden, daß Pfarrer Hütten ein Mensch war, der gerne sah, daß seine "Macht "weit reichte und dieses Machtstreben auch zum Ziele führte. Er verstand es, kirchliche Feiern mit besonderem Gepränge zu Feiern, er konnte predigen, aber er konnte auch bis in höchste weltliche "Spitzen" seine Fäden spinnen. Ein Bauer tat einmal einem Fremden gegenüber folgenden Ausspruch: "Unser Pastor ist ein guter Mann, aber wenn Du etwas mit ihm kriegst (gemeint ist, wenn man sich seinen Ärger zugezogen hatte) dann bist Du verloren". Er fürte nachher sogar den Titel Pfarrer Dechant Dr. Hütten.
Am 30.0ktober 1927 wurde Pfarrer Dechant Dr. Hütten zum Oberpfarrer von St. Maria Himmelfahrt in Mönchengladbach ernannt.
Neuzeitliches:
1815 | Gründung der Gemeinde Wanlo. Sie gehörte zum Kreis Grevenbloich im Regierungsbezirk Düsseldorf. Kuckum wurde der Gemeinde zugeschlagen. |
1929 | Zugehörigkeit zum Landkreis Grevenboich - Neuß |
1934 | Eingemeindung in das Amt Wickrath |
1971 | Ausgliederung der Gemeinde Kuckum, das in in die Stadt Erkelenz eingegliedert wurde. |
1975 | Die Gemeind Wickrath wurde im Rahmen der Gebietsreform mit der Stadt Mönchengladbach und Rheydt zusammengelegt. |
Von der Arbeit der Wanloer Bevölkerung im 19.Jahrrundert
Wechselhaft sind fast alle geschichtliche Zeiten und mit diesen auch die Arbeit des Menschen, seine "Beschäftigung" oder die Art, sich den Lebensunterhalt zu besorgen.
So betrieben die Einwohner Wanlo's in früheren Zeiten in der Hauptsache Landwirtschaft. Und mit dieser Landwirtschaft lebten, dann wieder andere Berufe wie Schmiede und Müller. So wies Wanlo eine Reihe von Wassermühlen aber auch zwei Windmühlen auf. Das Wasser der Niers wurde genutzt, um die Mühlenräder zu drehen. Es gab die Wiertz-, die Caspers-, die Siemons- und die Kappelsmühle (in einer anderen Aufzeichnung heißen sie Wildenraths - Wassermühle, Voigts - Oelmühle, Brands - Mühle und Cappels - Hofmühle). So "schlug", so hieß es damals, eine Mühle auch Öl und zwar aus dem im Wanloer Feld gezogenen Raps- und Leinsamen.
Im Osten, - nach Hochneukirch hin und im Westen am Feldweg nach Venrath standen zwei Windmühlen. Die Mühle östlich von Wanlo war eine"Bockmühle"; d.h. der obere Teil der Mühle stand auf einem hölzernen Gestell - einem "Bock". Dieses Oberteil konnte mit einem "Stäätz" oder auch "Stertz" genannt (Schwanz), einem langen Holzgestell, das mit dem Mühlengehäuse verbunden war, auf dem Bock gedreht werden, so daß die Flügel der Mühle immer in die richtige Windrichtung gestellt werden konnten.
Im übrigen heißt es in der Geschichte Wanlo's, daß ein strebsamer Wanloer Burger die erste Wasserturbine (auch Wassersparer genannt) im Rheinland gebaut hat. Sein Name wird mit Esser angegeben und die Turbine war bei der Caspers - Mühle . Das Grab dieses Mannes war noch lange Zeit neben der Kirche zu sehen.
Die letzte Windmühle stand am Hochneukirchener Weg. Mit dieser war ohne Zweifel ein "Original" verbunden: Urban. Er holte mit der Mühlkarre das Getreide zum Mahlen ab und brachte das Mehl zurück. Bekannt ist vor allem, daß das Pferd am "Hahm" (Kummet) Schellen trug, so daß man Urban und sein Gefährt schon von weitem hören konnte. In der Karwoche aber blieben die "Schellen" stumm, das heißt, Urban hatte sie abgenommen. Nichts sollte die Ruhe der Kartage stören.
Doch trotz des reichen Segens von den fruchtbaren Feldern gab es auch schlimme Zeiten. Es wird sogar eine große Hungersnot erwähnt, die 1816 hier geherrscht hat. 1817 wurde ein zwölfpfündiges Roggenbrot mit einem Reichstaler bezahlt, ein hoher Preis in der damaligen Zeit.
Kaum aber war diese Plage vorüber als auch schon wieder eine neue folgte. 1822 haben die Mäuse in den Feldern der Bürgermeisterei Wanlo gemäß einer damaligen speziellen und genauen Aufnahme einen Schaden von 12 000 Talern angerichtet.
Neben der Landwirtschaft war damals hier in Wanlo die Leinenweberei das erträglichste Gewerbe. Leinen wird aus Flachs gewonnen. In vielen Häusern standen Webstühle, die den Flachs meist selbst bearbeiteten und auf Handspinnrädern gesponnenen Flachs verarbeiteten. Bis es zum Verspinnen und Verweben kam, waren vielerlei Arbeiten nötig. Der braune Flachs- oder Leinsamen wird Ende April gesät. Bald findet sich auch das Unkraut ein, das sorgfältig ausgejätet werden muß. Der glatte runde Stengel der Flachspflanze wird bis zu einem Meter hoch. Am oberen Ende trägt er Ästchen mit himmelblauen Blüten. Nach der Blütezeit entwickelt sich eine erbsengroße zehnfächerige Kapsel mit zehn Samenkammern. Aus diesen wird das Leinöl gepreßt, das zum Anstreichen und Malen benutzt wird, ja sogar als Heilmittel dient. Die Abfälle beim Ölschlagen werden zu Kuchen geformt und als Zugabe beim Viehfutter verwandt.
Der Flachs wird am nützlichsten durch seine Stengel mit den langen Fasern. Diese liefern den Stoff zu Leinwand und vielen anderen Geweben. Doch sind hierzu mancherlei Arbeiten nötig. Nach der Reife, die gegen Ende Juli eintritt, werden die Flachsstengel ausgerupft, in Büdel gebunden und zum Trocknen aufgestellt. Danach wird der Flachs in die Scheune gebracht; dort werden die Samenkapseln von den Stengeln abgestreift indem man die Flachsbündel durch einen eisernen Kamm zieht. Danach beginnt die Tauröste. Die Stengel werden in langen Reihen auf Wiesen, Stoppelfelder oder sogar in flache Gruben in der Nahe der feuchten Flußaue gelegt. Durch den Wechsel von Feuchtigkeit und Trockenheit faulen die holzigen Teile des Stengels, und die Fasen lösen sich ab. Nach drei bis vier Wochen sind die Stengel geröstet. Nun werden die Stengel zur Brechgrube gebracht und über einem kleinen Feuer gedörrt; jetzt werden die Fasern mit der Handbreche und den Schwingstock von den Holzteilen getrennt. Durch das Hecheln scheiden sich die rauheren und kurzen von den längeren und feineren Fasern. Die rauheren heißen Werg; sie dienen zur Bereitung der gröberen Leinwand. Die feinen nennt man Haar; aus diesem werden die feinen Stoffe gewebt. Nunmehr kann der Flachs gesponnen werden.
Das Spinnen war eine Beschäftigung für die langen Winterabende. Um Holz und Licht zu sparen, versammelten sich die Frauen und Madchen benachbarter Hauser in der sogenannten Spinnstube, jeden Abend in einer anderen, bis alle an der Reihe gewesen waren. Bei Anbruch der Dunkelheit kamen sie mit dem Spinnrad und einem Bündel Flachs. Im Kreis sitzend, spannen sie um die Wette. Erzählungen und Sagen, Rätsel, Sprüche und Lieder verkürzten die Arbeit. Auch die Großmutter war in der Spinnstube; sie erzahlte am schönsten, wußte sie doch viel Ernstes und such Heiteres aus ihrer Jugendzeit. Die jüngeren Kinder des Hauses mußten das Garn von den Spulen abhaspeln. Sobald eine gewisse Anzahl von Strängen erreicht war, wurden diese gesammelt, gewaschen, getrocknet und für den Webstuhl vorbereitet.
Wenn das Leinen vom Webstuhl kam, hatte es eine aschgraue Farbe; deshalb mußte es gebleicht werden. Aus Holzasche, Soda und schwarzer Seife wurde eine Lauge bereitet, darin wurde es gekocht und dann an sonnigen Tagen im Frühjahr oder Vorsommer auf dem Rasen ausgebreitet und fleißig mit Wasser begossen. War das Leinen fünf- bis sechsmal den Einwirkungen der scharfen Lauge und der Sonnenstrahlen ausgesetzt gewesen, so erlangte es allmählich eine glänzend weiße Farbe.
Der Flachs erforderte viel Arbeit ehe er zum Gebrauch verwendet werden konnte. Dafür hatte aber auch die selbstgefertigte Leinwand einen bleibenden Wert, so daß es im Volksmund hieß: "Viel Leinen ist ein heimlicher Reichtum".
Ja, jede Hausfrau war stolz auf ihren "Reichtum". Da gab es viele Dutzend Leinentücher, Kissenbezüge, Hemden, Hand- und Tischtücher, Kaffeedecken in einfachem und Gebild - Leinen und noch manche Rolle unverarbeiteter Leinwand. An manche Stücke knüpften sich Erinnerungen: Jene Leintücher hatte die Großmutter noch gesponnen und diese Hemden hatte sic selbst genäht. Damals galt ein alter Spruch:
"Selbst gewonnen, selbst gesponnen,
selbst gemacht, ist beste Bauerntracht."
Die Einfuhr der Baumwolle machte der Leinenherstellung langsam den Garaus. Nach 1860 ging der Flachsanbau zurück; denn das noch blühende Hausgewerbe nahm nun das Samt- und Seidenweben auf. Es machte insbesonders nach 1870 glänzende Geschäfte. Aber die Erfindung der Dampfmaschine und der Elektizität machten den idealen Hausberufen nun endgültig ein Ende. Überall taten sich in der Umgebung Fabriken auf. Da konnte der Handarbeiter nicht mehr mithalten. Die Hauswebstühle verwaisten und verstaubten; immer mehr Männer fanden lohnendere Arbeit in den wie Pilze aus der Erde schießenden Fabriken. Auch in Wanlo hielt der Arbeiterstand seinen Einzug. Wanlo war kein bäuerlicher Ort mehr. Ein großer Teil der Bewohner war Arbeiter, Arbeiter, die morgens in entfernte Orte zur Fabrik gingen und erst abends zurückkehrten. Eine gewaltige Umschichtung !
Den letzten Webstuhl konnte man noch etwa um 1925 klappern hören.
Das bäuerliche Leben in Wanlo am Ende des 19. und zu Beginn des des 2O. Jahrhunderts.
Am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschäftigten sich mehr Menschen unseres Dorfes mit Ackerbau und Viehzucht. Manche betrieben Landwirtschaft allerdings nur im Nebenerwerb; denn viele betrieben die Seidenweberei am eigenen Webstuhl, andere waren schon in Fabriken (Webereien) in der näheren Umgebung beschäftigt. Da es keine Erbhofbauern gab, wie etwa im Westfälischen, wurde das Land bei Heirat der Kinder an diese als Erbanteil verteilt und bis zur späteren ersten Flurbereinigung konnte man überall kleine schmale Ackerparzellen finden. So wurde denn manches "Feld " mit geliehenem Pferd und Gerät bearbeitet, wofür man dann später bei der Ernte oder beim Dreschen, sozusagen als "Gegenleistung aushalf. Mancher "Kleinlandwirt" spannte entweder einen Ochsen oder ein paar Kühe vor den Pflug.
Wie sah nun damals das Ernten aus? Das reife Getreide wurde mit dem Sicht, einer kurzstieligen Sense gemäht, Morgen für Magen. Mit dem "Matthok", einem flachen Stiel) an dessen Ende sich ein Haken befand, zog man das Getreide zu einem Bündel zusammen und hob es, den linken Fuß unter das Bündel, den "Matthok" von oben über das Bündel und den Sicht in das hintere Ende geschlagen, außerhalb des "Schnittganges". Und mancher Bauer legte Wert darauf ‚ daß die "Garben" wie mit der Schnur ausgerichtet auf dem Felde lagen. Nach einigen Stunden des Mähens kamen dann die Frauen, Töchter oder Mägde zum Garbenbinden nach. Jede Garbe erhielt eine Strohbindung (enne Bangk) und Roggen, wegen der Länge der Halme, eine zweite wofür allerdings die oberen Teile einiger Halme benutzt wurden. Manche Frau stülpte "enne Mauw" über die Arme, entweder ein abgeschnittener langer Strumpf oder eine eigens hierfür genähte längliche Stoffhülle, damit die Arme nicht zerstochen wurden oder aber gegen das Stechen von Disteln, die manchmal, trotz früheren "Stechens" wieder hochgewachsen waren. Nach bestimmter Garbenzahl, es war meist mit der Vormittags- oder Nachmittagszeit abgestimmt, begann dann das "Aufsetzen" der Garben (op Hööp). Man nahm unter jeden Arm eine, manche vermochten auch zwei Garben beidseitig zu fassen, und setzten sie hintereinander und gegeneinander auf. Dabei mußte auch die gesamte "Richtung" stimmen. Denn ungerade Reihen der hier aufgesetzten Garben zeugten von keinem "akuraten" Bauer.
War nun alle Frucht gemäht, begann das Einfahren. Das war für Mensch und Tier kein leichtes Tun. Draußen stach die Sonne und Karre für Karre oder bei den "großen" Bauern, Wagen für Wagen (Leiterwagen) mußten vollgeladen; d.h. mit Erntegabeln "hochgestochen" werdend Der Mann auf der Karre hatte eine bestimmte Reihenfolge beim Legen der Garben einzuhalten; denn wenn auch nachher, nachdem 3 und 4 Lagen ("Loere") auf der Karre waren, ein Seil darüber gespannt wurde, so konnte doch manche Schwankung der Ladung, durch "Schlaglöcher" verursacht, eine ganze Fracht abrutschen lassen. Es mußte daher regelrecht im "Verbund" geladen werden.
In den Scheunen aber schwitzten Männer, Frauen und Kinder je Höher es unter das Dach ging. Abends waren dann Menschen und Pferde redlich müde; doch am anderen Morgen rollte Punkt 7 Uhr das erste Fahrzeug wieder aufs Feld !
Nach dem Einfahren begann das Dreschen. Allerdings wurde es meistens bis in den Winter hinein verschoben; denn im Spätsommer und Herbst mußte rechtzeitig gepflügt und gesät werden. Und das geschah Furche um Furche; denn es wurden nur einscharige Pflüge benutzt.
Das Dreschen beschäftigte im Winter wieder manche Dorfbewohner. Wenn man hört, daß für einen ganzen Tag 50 Pfg. Dreschlohn gezahlt wurden, so kann man es kaum glauben. Allerdings muß man berücksichtigen, daß dabei 4 Mahlzeiten mit einzuberechnen waren. Auch "enn Fläsch Klo(a)re" zum Aufwärmen fehlte nicht. Die Tenne (d'r Denn), die einen festgestampften Lehmboden hatte, war für Wochen der Dreschplatz. Zunächst wurde Stroh ausgebreitet, damit die Getreidekörner beim Dreschen nicht zerquetscht wurden. Dann wurden die Bündel aufgeknotet und so auf die Tenne gelegt, daß die Ähren beieinander lagen. Meistens lagen so vier Reihen Garben gegenüber. Nun begannen die Männer mit den Dreschflegeln ihr Werk. Der erste begann zu schlagen und ging langsam nach vorne, der zweite schlug nun im Gegentakt dazu und folgte dem ersten über die Garben. Schließlich kam auch noch der dritte hinzu. Geschlagen wurde also im Zweier- oder Dreiertakt je nach der Anzahl der Drescher. Und es gab ein "Donnerwetter", wenn man "aus dem Takt kam". Nach dem Dreschen wurde mit Gabeln das Stroh hochgehoben, geschüttelt und beiseite gelegt, wo Frauen wieder Strohbündel banden, die auf den Strohstall als Streu für das Vieh kamen.
Das Getreide wurde durch die "Wannmühle" befördert. Letztere war etwa 2-3 m lang 1 m breit und hatte innen 4-6-Windflügel. Diese wurden von außen durch einen Drehstab "Schwengel", in Bewegung gesetzt und erzeugten so Wind, der das Getreide von der Spreu ("Kaaf") trennte. "De Kaaf" flog nach hinten aus der Wannmühle, das Getreide rutschte nach vorne über ein schräges Brett auf den mit einem großen Tuch abgedeckten Boden, wo es dann mit Handschaufeln in Säcke gepackt wurde. Meistens wurde auch noch die "Kaaf" aufbewahrt zum Gebrauch bei der Hühner- und Schweinehaltung.
Um 1900 gab es bereits Dreschmaschinen, die Stroh, Spreu und Getreide voneinander trennten. Da aber Wanlo noch keinen elektrischen Strom hatte -19o8/1909 gab es erst für Wanlo Strom- wurden die Dreschmaschinen von einem "Göpel" angetrieben. Außerhalb der Scheune, der Tenne, war der "Göpel" installiert .Mehrere Zahnräder waren, etwas in die Erde eingelassen, angebracht, die eine Achse trieben, die wiederum zur Dreschmaschine führte und diese in Tätigkeit setzte. Der "Göpel" wurde von Zugtieren, einem Pferd manchmal auch von 2 Kühen gezogen. Manchmal wurden den Tieren Tücher vor die Augen gebunden, damit sie den dauernden Rundgang nicht merkten.
Pfarrgeschichte (1883)
Abschrift aus der Geschichte der Pfarreien der Erzdiöcese Köln
Abschrift
Aus "Geschichte der Pfarreien der Erzdiöcese Köln. Herausgegeben von Dr. K. Th. Dumont, Domcapitular. Nach den einzelnen Dekanaten geordnet. XXII. Dekanat Grevenbroich. Von H. H. Giersberg, Dechant. Verlag J. F. Bachem. K ö l n , 1883
23. W a n l o
Pfarrort.
W a n l o, Dorf in der Bürgermeisterei gleichen Namens, im Amtsgerichtsbezirk und Kreise Grevenbroich, zählt mit Kuckum 1384 Einwohner, worunter acht Protestanten,außerdem 47 Juden, und eine Postanstalt und ist von Neuß vier ein halb ,von Köln acht Stunden entfernt.
Pfarrgeschichte.
Wanlo ist eine der ältesten, urkundlich bezeugten Ortschaften. In einer Urkunde vom Jahre 861 heißt es: beneficium Sigari in commarca Wanolen in pago Molensi. Es war also schon damals in Wanlo im Mühlgaue eine christliche Gemeinde. Ein Edelherr, Herimannus de Wanlo, kommt 1106 in einer Urkunde des Erzbischofs Friederich I., von Köln vor. 1158 bestätigte Friederich II., Erzbischof von Köln, dem Nonnen-Convente zu Königsdorf seine Besitzungen zu Wanlo.
Wanlo war Prümisches Lehen, das der Graf von Sayn 1222 und vor ihm der Freiherr von Milendonk im Besitz gehabt haben soll.
1251 fand eine Ausgleichung zwischen Erzbischof Konrad von Köln und Graf Wilhelm von Jülich wegen Wanlo statt. De Wanlo, quod comes Juliacensis emit, sic est concordatum, quod, si bona illa sunt bona ministerialia vel vasallica ecclesiae Coloniensis, tunc comes Juliacensis ea tenere non potuit absque archiepiscopi voluntate.
1254 fordert Erzbischof Konrad den Grafen von Berg auf, dem Grafen von Jülich keine Hülfe im Kriege zu leisten, weil derselbe noch immer die Herausgabe der Güter zu Wanlo und des Castells des Ritters Pil verweigere.
1319 kommen im Testamente des Domcanonich Adolph von Köln bona apud Wannele vor.
Wilhelm Graf zu Jülich verträgt sich 1352 mit Konrad Herrn von der Dyck wegen desselben Dorfes Wannel. Es soll dem Letzteren wie früher gehören, der Markgraf seinen sprechenden, Konrad seinen schweigenden Amtmann dort haben.
1386 verkauft Gerard Herr zur Dyck dem Herzoge Wilhelm von Jülich Wanlo mit den Gerichten und Gefällen.
Die Scheffen von Wanlo bekennen 1553, daß sie dem Herrn Reinard von Anradt, Prior in Grevenbroich, verkauft haben, was sie von den Eheleuten Heinrich Franken und Cäcilia erworben.
Bei den Zügen der Spanier nach Kerpen wurde Wanlo hart mitgenommen. Darüber heißt es in der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins, III: "Im Jahre 1585 am 12.April hat das Hispanische Kriegsvolk das Dorf Wanlo, Keyenberg und Junker Zuyrß adelige Behausung einbekommen und spolyrt. Am 21. u. 22.Januar 1586 haben sie sich in die Dörfer Wanlohe Keyenberg und Holtzweiler eingelagert und die Underthanen über ir Vermögen gezwungen. Am 15. Mai 1586 seyndt die uf den Häußeren Odenkirchen, Horst und Glehn ligende Kriegsleut mit den Linnichen, Urdingischen und Kayseswerdischen in der Nacht, in die 2oo stark, in das Dorff Wandloh gefallen, dasselb angestochen, 13 Hauser abgebrennt, das ganze Dorf spolyrtt, 5 Pferd 70 Stück Rindsvieh, 3o Schweine, l50 Schaaf geraubtt, die Kirch ufgebrandt, alles, was darin, mitgenommen,auch drey Haußleuth erschossen und eine Frau mit zwei Kinderen verbrannt und haben dernacher den Raub zu Odenkirchen in vier Theil geteilt, und ist ein jeder Hauf mit seinem Theil hingezogen."
Eine alte hölzerne Tafel mit Wappen in der Sakristei sagt: "Anno 1587 den 14.Februar sind die Edlen und Ehrenfesten 'Robert und Bernard von Wildenrath, Vater and Sohn, auf ihrem Hause zum Deyk unschuldig und erbärmlich entleibt. R.i.p."
Zur Zeit des spanischen Krieges haben die Schöffen drei viertel Morgen Kirchenland verkaufen müssen.
Nicht minder groß waren die Brandschatzungen, Contributionen und Einquartierungen im dreißigjährigen Krieg.
1624 gerieth der Pastor Tetzius in holländische Gefangenschaft und schmachtete darin dreizehn Wochen lang.
1634 nach dem Feste der unbefleckten Empfängnis plünderten die Holländer die Kirche, vernichteten ihre Documente, verwundeten und töteten mehrere Einwohner.
1642 war Pastor Vitenius exilirt, kein Geistlicher in Wanlo; ein ganzes Jahr lang brachte man die Kinder nach Erkelenz zur Taufe. Wahrend dieser Zeit plünderten die Hessen nach der Niederlage des Lamboy abermals Kirche und Dorf.
Wanlo mit Kuckum gehörte früher zum Amte Caster; die damals eingepfarrten Orte Venrath und Kaulhausen unter Dahlen, jetzt Rheindahlen. In kirchlicher Beziehung war Wanlo Keyenberg unterworfen. Im Pfarrarchiv zu Keysnberg beruht der Auszug eines Manuscriptes ohne Datum anscheinend aus dem Ende des 13. Jahrhunderts, welches besagt, daß neben andern Kirchen auch Wanlo der Herrlichkeit Keyenberg untergeordnet gewesen, so daß die sacellani selbiger Kirche alle Jahre in coena Domini in der Kirche sancti Crucis zu Keyenberg das Osterlamm empfangen mußten ex manibus reverendi domini pastoris und selbigem in paraceve Domini et vigilia paschatis in dem Officio beistehen.
Ferner, wenn Einer ex sacellanis jener Kapellen befördert worden oder mit Tod abgegangen war, wurde in der vacirenden capella vel ab abbatissa Capitolii B.M.V. intra Coloniam vel a venerabili domino pastore in Keyenberg, vel ab utroaue simul Einer ex vicariis, welche beim Pastor zu Keyenberg wohnten, eingestellt cum promissa prius obedienta et subiectione ad venerabilem dominum pastorem in Keyenberg, sub cuius directione ad venerabilem dominum. pastorem in Keyenberg, sub cuius direczione in omnes depedebant, ut obientes filii.
Dieses Verhältniß zur Mutterkirche dauerte nach jenem Auszuge bis gegen Ende des 13 . Jahrhunderts fort. Es verbrannte die Kirche in Keyenberg mit vielen Kleinodien und Literalien nebst dem Pfarrhause und anderen Häusern; kriegerische Zeiten traten ein, und es empörten sich sogar die eigenen Unterthanen; ein weltlicher Sinn war in Maria im Capitol eingerissen, auch die Vicare der unter Keyenberg stehenden Kirchen wollten nichts mehr von einem Abhängigkeits-Verhältnisse wissen; da löste sich die Herrlichkeit Keyenberg auf ‚und die Collation jener Kirchen ging auf Andere, auf die Grafen von Jülich, das Collegiatstift in Stommeln, später in Jülich, und auf die Äbtissin in Essen über.
Jm 14. Jahrhundert finden wir Wanlo im liber valoris bei Binterim mit einem Vikar als selbstständige Pfarre in der Christianität Bergheim verzeichnet. Das Patronat übte der Herzog von Jülich aus.
V e n r a t h gehörte zu Wanlo. In Venrath war eine Kapelle, wo Sonn- und Feiertags vom zeitlichen Officianten eine Frühmesse gelesen wurde. Patron war die Gemeinde zu Venrath, der Pastor von Wanlo hatte die Investur. Die Einkünfte bestanden in 18 Malter Roggen aus zehn- des Pastors vom Wanlo im Venratherfelde und sechs Malter von der Gemeinde. Bereits 1606 war Venrath durch den Generalvicar Johannes Gelenius zu einer Pfarre erhoben worden, aber durch die Ungunst der Zeiten bald wieder eingegangen. Generalvicar Andreas von Franken-Sierstorff erhob es 1750 abermals zur Pfarre, jedoch erwirkte der damalige Pfarrer Kirchbauer von Wanlo vom Landesherrn, dem Churfürsten von der Pfalz, einen Gegenbefehl, wodurch die neue Anordnung nicht ins Leben trat. So blieb denn Venrath in seinem alten Verhältnisse zu Wanlo, bis 1804 am ersten März der Bischof Berdolet von Aachen demselben den Rang einer Succursalpfarre verlieh, der er Kaulhausen und die Katholiken in Beckrath und Herrath beigesellte.
In der Pfarrre Wanlo befinden sich drei ritterbürtige Güter, das Cappelsgut, früher den Junkern von Stein später dem Doctor Grevenbroich, dann der Margaretha Cappels, nunmehr dem Freiherrn von Pelser-Berensberg gehörend; das Schwalmerhaus, im Besitze der Herren von Schwalmen, wovon es noch den Namen hat, und im 16.Jahrhundert im Besitze der Junker von Bremt; und der Wildenrather Hof, früher Eigenthum der Herren von Wildenrath, später der Familie von Leerode.
Pfarrkirche.
Die Kirche ist unter dem Titel Maria-Himmelfahrt geweiht. Theile derselben gehören dem 13. Jahrhundert an. Die Hauptsache ist romantischen Stils, im Tuffsteinbau mit charakteristischen Rundbögen. Der Chor rührt her aus dem Jahre 1729; der Thurm wurde 1748 restauriert und höher aufgeführt. Derselbe stürzte 1752 am letzten Ostertage Nachmittags zwei Uhr ein; der damalige Pastor Kirchbauer meinte als Strafe Gottes wegen des Kartenspiels wahrend des Gottesdienstes.1652 wurde die Kirche geweißt, was in zweihundert Jahren nicht mehr geschehen war. Pastor Vitenius fand in dem fast vermoderten Triumphkreuze ein kupfernes Kreuz mit Reliquien in Leinwand gewickelt, welche wundersam erhalten war. Ein Pergamentstreifen enthielt die Inschrift: " + Reliquiae de corpore s. Sebastiani. Item de veste Silvestri Item de veste s. Caeciliae. In Hanc crucem has presentes reliquias reposui ego, Henricus de Düsborg, pastor in Wanlo, sub anno domini 1337 in crastino b. Petri et Pauli apostolorum, quo tempore eadem crux de novo fuit depicta. Haec abservata digna fideliter annotavi pro memoria bene mentionatorum Sanctorum, sicut et mei indigni Ioannis Vitenii, sacerdotis, p.t. pastoris in Wanio anno repatae salutis 1682. Oretur pro peccatore."
Beneficien
Einen der ältesten Taufsteine, vielleicht aus dem 11. oder 12. Jahrhundert, bewahrt noch die Kirche. Leider hat derselbe im Laufe der Zeiten viel gelitten.
Von den drei Glocken trägt die älteste die Inschrift:
Anno Domini MCCCCIIII. S.Sanguis Domini nostri Jesu Christi, qui fuit pretium totius saeculi, liberet nos a laesione fulgeris et tonitrui. Amen.
Die zweite und dritte Glocke sind aus dem Jahre 1660. Die größere heißt anna Maria, Joseph;
die kleinere Sebastianus und Antonius. Sie wurden gegossen von Gördt von Stummelen und geweiht durch den Dechanten Peter Wirz, Pastor in Kirchherten, anno Domini 1660, 8va 7bris.
Auf dem Chore befindet sich neben dem Josephsaltare die Grabstätte Pastor Teinertz mit folgender Inschrift:
Anno Domini MDCCXXXXIX die XXV.Junii pie obiit adm. reverendus et doctissimus D.D.Nicolaus Teinertz, parochus in Wanlo, 34 annis pastor, altaris s.Josephi fundator, confraternitatis ss. rosarii promotor, aet. 72, sac. 45. Cuius ossa sub hoc choro recquiescunt. Memento !
Die Bruderschaft, unter dem Schutze der hh. Antonius und Sebastianus errichtet unter dem Pastor Vitenius (1636-1658), wurde 180l unter Pastor Hofmann erneuert.
Die Rosenkranzbruderschaft gründete 1717 der Pastor Teinertz, die von Jesus, Maria, Joseph Pastor Kirchbauer 1768. Sie wurden den kirchlichen Vorschriften gemäß unter Pfarrer und Definitor Jansen neu errichtet.
Der Kirchhof mußte, weil der alte, um die Kirche gelegene Kirchhof zu enge und auch nicht zu erweitern war, vors Dorf verlegt werden.
Pfarrstelle.
Das Pfarrhaus liegt unmittelbar mit dem Garten an der Kirche. Früher beruhte die Baupflicht beim Herzoge von Jülich, nunmehr bei der katholischen Gemeinde. Über die Entstehung der Pfarrdotation ist nichts bekannt. Binterim sagt nach einem Manuscripte aus dem 16.Jahrhundert: "Wanlo hat an Land 66 Morgen, item zu Venrath ein Zehntgen, thut 18 Malter Roggen, 18 Mailer Gerste, 10 Malter Waizen und 10 Malter Hafer, an Sackrenten drei Malter Roggen, vom Blutzehnten ungefähr drei Lämmer und 18 Hühner, tenetur, ad taurum et verrem (Mußte das Zielvieh halten). Damit übereinstimmend der Status omnium beneficiorum ducatus Juliacensis de anno reditum parachiae in Wanlo de anno 1767, aufgestellt von Pastor Kirchbauer: "Reditus pastorales bestehen in 74 Morgen Ackerland, von denen sieben Morgen Zehnten geben; ferner dreizehn Morgen, im Amte Grevenbroich gelegen, welche ebenfalls Zehnten austragen, und die drei und einem halben Morgen, in der Herrschaft Wickrath gelegen, müssen gemeine Lasten tragen." Der Blutzehnte brachte 24 ein halbes Huhn ein. An Grund und Sackrenten hatte das Pastorat im Dorfe Wanlo, in Kuckum Venrath, Kaulhausen, Neukirchen und Borschemich sieben Malter vier Sümmer Roggen und sechs Viertel Weizen.
Von einem Baumgarten im Dorfe, genannt am Rennbaum, ungefähr einen halben Morgen groß, mußte die Pastorat an den Predicanten zu Wickrathberg jährlich zwei Kapäune liefern und an die eigene Kirche in Wanlo fünf viertel Pfund Wachs.
Die Gebühren waren für eine Copulation ein Reichstaler, oder ein halber Reichstaler oder einen Gulden und ein Schnupftuch nach Vermögen der Person; die Armen zahlten nichts. Für eine Taufe ein Schilling, die Armen zahlten nichts. Für, das Begräbnis eines Erwachsenen mit Amt auch nach Vermögen der Person ein Gulden, oder 2o Stüber, eines Armen gratis pro Deo; hatte er noch nicht communicirt, ein Schilling. So die Specificatio von Kirchbauer.
Reihenfolge der Pfarrer
Als Pfarrer von Wanlo kommen vor:
1337 | Heinrich von Düsberg |
um das Jahr 1541 | Matthias Girys |
1548 – 1574 | Franciscus Flohrs |
1574 – 1583 | Dionisus Gladbacensis |
1567 - 1583 | Dionysius Dionysi Wilhelmus Tetzius,1606-1636. Von ihm sagt das Visitations-ProtokolI des Dechanten Crays vom Jahre 1622 Unrühmliches. Unter Anderem heißt es: "Extremae unctionis sacramentum non petitur." Als Strafe für sein Vergehen mußte er ein Malter Korn an die Armen und vier Goldgulden ad fabricam ecclesia geben. (wie es damals in der Nachbarschaft aussah, besagt eine Notiz der Annalen der Christianität Bergheim vom Camerarius Zehnpfennig, wonach um 1632 der Pastor von Borschemich, Johann Conrads, in Ermangelung eines Pfarrhauses nicht in seiner Pfarre, sondern in Wanlo wohnt, welches viele Unzukömmlichkeiten‚ namentlich die Vernachlässigung der Katechese zur Folge hatte. |
1636-1658 | Johannes Vitenius, aus Erkelenz. Am 1. November 1648 verkündete er das Decret des Concils von Trient gegen die clandestinen Ehen. Das darüber aufgenommene Protokoll, Actum in loco residentiae pastoralis die octava mensis Novembris 1648, unterzeichneten mit dem Pastor: Jacob Jansen als Kirchmeister und Sendtscheffen und Seyb Seybertz, Sendtscheffen.Petrus Sybenius, starb 1697. |
1698-1716 | Ernestus Henseler Er war Doctor beider Rechte, sehr gelehrt, aber auch sehr ehrgeizig. Nach dem Tode des Dechanten Kleefisch 1707 gab er sich alle Mühe, dessen Nachfolger zu werden. Da ihm dieses nicht gelang, verließ er 1716 auch die Pfarre. |
1716 -1749 | Nicolaus Teinertz Er stiftete den Josephsaltar, eine ewige Lampe und errichtete auch die Rosenkranz-Bruderschaft. Was er ersparte,gab er zu guten Zwecken hin. |
1749 - 1779 | David Kirchbauer, aus Düssel, von . Sein Leben in Wanlo ward verbittert durch zwei Processe, den einen mit der Gemeinde Venrath, den andern mit der ganzen Pfarre. Zwar gewann er beide, aber er verlor in seinem Ansehen und in seiner Wirksamkeit, so daß er sich genötigt sah, abzudanken. Er starb am 6. Oktober 1781 und wurde im Chore in der Nähe des dem h. Johannes von Nepomuk geweihten Altars begraben. Fuit vir castus et absque dolo, zelans gloriam Dei. So ein Kirchenbuch. |
Anton Hoffmann. Derselbe erbaute die Michaelskapelle auf dem Kirchhofe, in der Nähe er auch begraben liegt; er starb 1814. |
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1814 - 1843 | Johann Wilhelm Syben, aus Spenrath, Pfarre Otzenrath, wurde Priester 1793, Pastor in Rheydt 1799. Syben war auch Dechant. |
1844 – 1869 | Johann Joseph Kloeren, aus Neersen, geboren 1800, zum Priester geweiht 1826. Wirkte, nachdem er in Bedburg=Reifferscheid und in Odenkirchen gewesen, neun Jahre als Pfarrer in Grevenbroich, darauf 25 Jahre in Wanlo mit rastlosem Eifer. Auch bekleidete er 25 Jahre das Amt eines Schulpflegers und war 14 Jahre Landdechant; er starb am 11. März 1869 gottselig im Herrn. Sein Priesterlicher Wandel," sagt der Totenzettel ," in Reinheit, in Erkenntniß in Langmuth, in Milde, im heiligen Geiste, in Wahrheitsrede, in Gottesfurcht (.2.Kor. 6)6-7), seine Leutseligkeit‚ mit der er Allen …………………………… hier fehlen leider die nachfolgenden Seiten</ |
1869 – 1891 | Hermann Josef Jansen |
1891 – 1896 | Paul Dorn |
1896 – 1908 | Adolf Plönnis Neubau der Kirche |
1908 – 1927 | Georg Hütten |
1927 – 1931 | Franz Maaßen |
1931 – 1947 | Johann Plum |
1947 – 1957 | Adolf Gau |
1958 – 1969 | Paul Gottfried Erb 1960 erfolgte der Beschluß zum BAu eines Kindergartens. |
1970-2007 | Hans – Josef Schuck Am 11. Jan. 1970 wurde der von der Societas Missionariorium Mariae (Montfortaner) kommende Pater in sein Amt eingeführt. Am 13.April 2009 wurden sein 80. Geburtstag, sein 50jähriges Pristerjubiläum und 40 Jahre Pfarrer in Wanlo gefeiert. |
2007 | Michael Röring |
Närrisches Treiben in Wanlo (1906)
Weit über die Dorfgrenzen bekannt sind die karnevalistischen Veranstaltungen in Wanlo.
Deshalb eine kurze Auflistung der geschichlichen Daten.1906: Gründung der Karnevalsgesellschaft "Wanloer Ströpp" durch Herrn Liffrisch Henneske.
- 1926: Der 1. Karnevalsumzug
- 1978: Der letzte Kinderumzug am Karnevals-Sonntag.
- 1982: Der 1. Hausfrauennachmittag.
- 2008: Das 1. Dreigestirm
Niersia Wanlo (1927)
"Niersia Wanlo" ‚ 1.Mannschaft. Mitglied der Deutschen Jugendkraft, Sportabteilung des Jünglingsvereins zu Wanlo.
Zeitungsbericht
Wanlo, 28.März (1927)
Der hiesige Hermann - Josef - Jünglings - Verein mit seiner Sportabteilung "Niersia", Mitglied der deutschen Jugendkraft, eröffnete vorgestern seinen neuen Spiel- und Sportplatz, der mitten im Ort an herrlicher Stelle gelegen, den Spiel und Sportregeln in vollstem Maße entspricht. Der weit über hundert Mitglieder zählende Verein mit seinen 5 Spielmannschaften in der kleidsamen blauweißen Vereinstracht holten zunächst die Vertreter der geistlichen und kommunalen Behörde, sowie die um den Verein besonders verdienten Ehrenmitglieder und die Lehrerschaft mit Musik und Fahne ab und zog sodann im Festzuge zum geschmückten Platz hin, auf dem das blauweiße Vereinsbanner gehißt wurde. Nach einem Liede der Gesangabteilung des Vereins hielt Herr Lehrer Klosta die Eröffnungsrede, in der er den Förderern des Vereins und namentlich dem Herrn Dechanten Dr. Hütten Dank für die Obsorge um die Beschaffung, des Platzes aussprach. Herzlich begrüßte er den Bruderverein von Hetzerath, der erschienen war, um das erste Spiel auf dem neuen Platz auszukämpfen. Lobend hob er das fortschreitende soziale Empfinden der Bevölkerung hervor, das sich in dem sich allenthalben bahnbrechenden Gedanken zeige, daß Äcker und Wiesen für Spielplätze auf dem Lande. zur Verfügung gestellt, ebenso zur Kräftigung der Gesundheit beitragen wie Felder mit Kartoffeln und Getreide. Den um die Ehrung und Planierung des Planierung des Platzes verdienten Herrn Beigeordneten Th. Heinen, J. Meisensen u.a.m., sowie dem Herrn Hauptlehrer Geiser und Herrn Lehrer Schön wurde die goldene Ehrennadel der Deutschen Jugendkraft als Ausdruck des Dankes verliehen und der Beschluß des Vereins kundgeben, den neuen Platz aus Dankbarkeit gegen seinen Präses " Dr. Hüttenplatz" zu benennen. Nach Absingung des Deutschlandliedes brach Herr Dechant Dr. Hütten seinen, sowie der Ehrenmitglieder Dank für die erwiesene Ehrung ab und warf den ersten Ehrenball, worauf das muntere Spiel unter der regsten Teilnahme der zahlreich erschienen Bevölkerung begann.
Am Nachmittag fand die Schulentlassung mit einer kirchlichen und weltlichen Schulfeier statt, an die sich die Neuaufnahme der Schulentlassenen in den Jünglingsverein anschloß. Ein kräftiges "Jugendkraft Heil" dem mächtig aufstrebenden jüngsten Mitglied der Deutschen Jugendkraft, das sich bei den bisherigen Meisterschaftsspielen bereits einen hervorragenden Platz erkämpft hatte.
Abschiedsfeier für Herrn Dechanten Dr. Hütten (1927)
Abschiedsfeier für Herrn Dechanten Dr. Hütten
Zeitungsartikel - Wanlo, 30.Oktober 1927
Pfarrer Franz Maaßen (1927)
Am 27. November 1927 trat Herrr Pfarrer Franz Maaßen die Pfarrstelle Wanlo an.
Er kam von Büttgen-Vorst nach Wanlo.
Unter Pfarrer Maaßen wurde eine Orgel und neue Glocken angeschafft. Leider kam es - eigentlich ohne Schuld von Pfarrer Maaßen - zu einem Streit zwischen diesem und seinem Vorgänger, Pfarrer Hütten. Pfarrer Maaßen überprüfte die Kirchenbücher und stellte bezüglich der Einnahmen und Ausgaben irgendwelche Unterschiede fest. Er soll daraufhin .Pfarrer Hütten gebeten haben, die Dinge zu regeln. Doch Pfarrer Hütten soll erklärt haben, es sei alles in Ordnung. Nun muß wohl Pfarrer Maaßen den Kirchenvorstand unterrichtet haben und ein oder mehrere Mitglieder haben das nicht für sich behalten, sondern es wurde weiter erzählt. Es ist dem Chronisten im einzelnen nicht mehr bekannt um welche Summe es wohl anfänglich ging, doch es mag sich seiner Ansicht nach um Gelder gehandelt haben, d i e wohl für besondere Zwecke benutzt worden waren, da- Pfarrer Hütten ja mit der Gründung und Errichtung neuer Vereine, oder schulischen Einrichtungen schnell bei der Hand war. Und hierzu werden Geldmittel benötigt worden sein. Wie gesagt, es ist kein genaues Bild hierüber zu zeichnen. Und die ganze Angelegenheit wäre auch wohl ohne viel Lärm beendigt worden, wenn es nicht die damals sehr aktive kommunistische Presse als besonderen Leckerbissen angesehen hätte. Sie schlachtete es weidlich aus und ließ dicke. große Überschriften in ihrer Tageszeitung auf die Mißstände in der Kirche hinweisen. Da war es zu verstehen, daß sich die Staatsanwaltschaft dafür interessieren mußte. Es kam zum Prozeß und Pfarrer Hütteon wurde wegen Unterschlagung und Urkundenfälschung bestraft .Für das Dorf Wanlo bedeutet diese Zeit ein tiefer Einschnitt in das religiöse wie überhaupt in das dörfliche Leben. Das Dorf spaltete sich in zwei Parteien: die einen hielten mit Pfarrer Hütten, die anderen verurteilten dessen Verhalten und dessen Tun. Die Folge dieser Auseinandersetzungen war, daß das religiöse Leben sehr zurückging und die Auswirkungen sind noch Jahre danach nicht ganz ausgemerzt worden.
Pfarrer Maaßen haben diese Dinge gesundheitlich sehr zugesetzt .Zuletzt konnte er nur noch mit Hilfe andrer die hl. Messe zelebrieren. Am 31. Mai l931 verzichtete er auf die Pfarrstelle und verzog; nach Unkel am Rhein. Hier verstarb er am 7. März 1933
Im Anschluß an diese Zeilen wird eine Abschrift der kommunistischen Zeitung, der damaligen Zeit angefügt, die 1967 noch von einem Wanloer Bürger zur Verfügung gestellt werden konnte. Es muß jedoch ganz besonders darauf hingewiesen werden, daß die Ausführungen sehr einem propagandistischen Zweck bzw. kirchenfeindlichen Zweck dienten und. der Chronist möchte die Anfügung des Artikels auch so verstanden wissen, um nicht ein verzerrtes Bild des damaligen Vorfalls zu erwecken.
Die "Schreibfehler" des Dechanten Hütten
M. Gladbach, 21. Februar
Nach monatelanger Untersuchung fand. gestern ein Kapitel seinen Abschluß, von dem die bürgerliche Gesellschaft behaupt et, es handle sich um einen Einzelfall. Und doch war nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was sich seit einiger Zeit täglich stärker offenbart. Auch die Kirche und ihre Diener sind angefressen von der Fäulnis des morschen kapitalistischen Staates. Korruption und Betrug in allen Ecken. Hütten, vor kurzem noch Repräsentant des Katholizismus in M.-Gladbach versetzte durch seine Betrügereien and Unterschlagungen der Kirche einen. "moralischen Schaden", der nicht wieder gut zumachen ist, wie der Staatsanwalt in seiner unangenehmen Lage betonte.
Der geistliche Betrüger findet milde Richter.
In der Hoffnung und Gewißheit, milde Richter zu finden, betrat Dechant Dr. Hütten mit seinem Verteidiger den Gerichtssaal. Nicht etwa, um sich auf die Anklagebank zusetzen, sondern, um an einem Tisch, der sich außerhalb der Schranken befand, Platz zu nehmen.
Spuren von einer dreimonatlichen Untersuchungshaft waren nicht zu sehen. Außer einigen Zeugen, die nicht gehört wurden, waren als Gutachter Prof. Sioli und Dr. Kreutz, die den Angeklagten, wie dies bei Leuten der besseren Gesellschaft Mode ist, auf seinen Geisteszustand untersucht haben, und Dr. Fürth, aus Essen, der die "Buchführung" des Dechanten Hütten und seines Rendanten Meisen begutachtete, er schienen. Dem Angeklagten wird zur Last gelegt, durch Urkundenfälschung das Erzbistum Köln um 12 000 Mk geschädigt zu haben.
Hütten gibt dann einen kurzen Überblick über seinen Lebenslauf. Dieser Mann, der unter der Wanloer Bevölkerung wegen der Urkundenfälschung und seiner persönlichen Lebensweise die größte Empörung hervorgerufen hat, befindet sich seit 1895 in Amt und Würden. Auf die Frage, ob er die ihm zur Last gelegten Verfehlungen zugebe, antwortet er, ohne mit einer Wimper zu zucken, "im großen ganzen ja."
Die erzbischöfliche Behörde in Köln verlangte von der kath. Kirchengemeinde Wanlo eine Aufstellung über das Vermögen. Hütten stellte eine solche auf. Statt 23 Hektar Ländereien verbuchte er aber nur 9,36 Hektar. Das kam nicht von ungefähr. Der Pachtzins aus den Ländereien macht pro Jahr ungefähr 4000 Mark aus Dieser Betrag wurde auf sein Gehaltangerechnet. Nach der Aufstellung von Hütten waren es nur etwa 700 Mark, die ihm die bischöfliche Behörde in Anrechnung brachte.
Ein Rendant, der keine schriftlichen Arbeiten machen kann
Damit in Köln kein Zweifel über die Richtigkeit der Aufstellung entstehen konnte, wurde sie von dem Rendanten Meisen, gegen den noch ein Verfahren schwebt‚ mitunterzeichnet. Außerdem trug die Aufstellung die Namen der beiden Kirchenvorstandsmitglieder Küppers (Hubert Küppers d. Chronist) und Jordans, die Hütten ziemlich geschickt nachgeahmt hatte. Jordans,der gleichzeitig Küster war und für den ein Gehalt von 1 500 Mark im Etat vorgesehen war, bekam nur 720 Mark. Hütten stellte aber eine Quittung über 1 500 Mark aus. Auch hier vollzog er also eine Urkundenfälschung. Auf die Frage des Richters: "Warum haben Sie das ganze, im Etat vorgesehene Gehalt, nicht bezahlt?" schwieg er. In allen Kirchengemeinden ist es üblich, daß die Aufstellung des Etats von dem Rendanten vorgenommen wird.
Als Hütten gefragt wurde, warum dies nicht auch in Wanlo so gewesen sei, antwortet er stotternd:
Der Rendant hat einen Unglücksfall gehabt, durch den es ihm unmöglich war, schriftliche Arbeiten zu erledigen(?).
Die Differenz zwischen dem wirklichen Gehalt des Küsters und des erhaltenen sei für "außeretatliche" Zwecke verwandt worden (was mögen das für Zwecke gewesen sein ?)
Auf die Frage, wie hoch sein Gehalt gewesen sei, gab er eine Antwort, die das Schmunzeln aller Zuhörer, selbst die Schöffen konnten ein solches nicht unterdrücken, hervorrief. Er sagte: "Genau weiß ich es nicht, aber ich glaube, es waren 6 000 Mark.
Ich bin damit nicht schlecht gefahren
Da der Betrug in Köln nicht entdeckt wurde (was mögen die für eine Wirtschaft führen?) wurde er alljährlich wiederholt. Auf diese Art und Weise steckte Hütten pro Jahr 3 000 Mark in die Tasche. Alljährlich unterzeichnete er die Aufstellungen ohne Wissen Jordans und Küppers mit deren Namen. Auf die Frage, warum er das getan habe, gab er die Antwort: "Ich habe immer die Erfahrung gemacht, daß ich damit nicht schlecht gefahren bin."
(Wir glauben es)
Das Geld, das für die Vermietungen von Kirchenstühlen einkam, wurde nicht gebucht. Nach. Angaben Hüttens nicht gebucht, weil von seiten der Bischöfe der Wunsch bestanden habe. Kirchenstühle in Zukunft nicht mehr zu vermieten(?). Hütten gab im Verlaufe der Verhandlung zu, daß er die Unterschift von Jordans deshalb gefälscht habe, weil Jordans selbst seine Aufstellungen nicht unterschrieben hätte.
Auf die Frage, ob er das getan habe um sein Einkommen zu vergrößern, antwortet er sehr fidel: Jawohl.
Die Angabe, daß die Kirchengemeinde nur 9,36 Hektar Ländereien besaße, sei, so erklärte Hütten, auf einen "Schreibfehler" zurückzuführen. Ein eigentümlicher "Schreibfehler", der erstens einmal im Jahr - jedes Jahr - vorkam und zweitens dem Dechanten eine Summe von 3 000,- Mark extra einbrachte. Ein derartiger "Schreibfehler" rentiert sich.
Im Verlaufe der Verhandlung mußte er aber zugeben, daß schon
der zweite "Schreibfehler" bewußt gemacht worden sei.
24 000 Mark Nebenverdienst
Des weiteren stellte sich im Verlaufe der Verhandlung heraus, daß Hütten neben seinem regulären Gehalt, das aber 8 000 Mark betrug, in vier Jahren seines "Schaffens " 24 000 ,,Mark" Nebenverdienste, die sich zum Teil auf Grund der gemachten Urkundenfälschungen und aus Zuwendungen aus dem Verlag Oskar Kühlen rekrutierten erhielt. Tatsächlich ist es noch weit höher gewesen.
Auf die Frage seines Verteidigers, wo das Geld geblieben sei, antwortete er, das er das Geld für Anschaffungen im Haushalt, Zimmereinrichtungen und Ferienreisen ausgegeben habe. "Außerdem sei er von den Leuten sehr viel angebettelt worden." 50-60 Bittsteller seien jeden Tag gekommen und keiner sei leer ausgegangen (??). Die Berichte aus den Kreisen der Wanloer Bevölkerung lauten allerdings anders.
Hütten ist bestimmt nicht, wie dies der Verteidiger sagte, "krankhaft geberisch" veranlagt.
Wir berichteten ja schon früher, daß Hütten von den Leuten, die Ländereien der Kirchengemeinde gemietet hatten, den Pachtzins zwangsweise eintreiben ließ und sie so vor den Ruin brachte. Das Gutachten Fürths über die Geschäftsführung warf ein grelles Licht auf die Buchführung bei der kath. Kirche. Er führte aus, daß die Buchführung schon immer nicht gestimmt habe und er mehrere Monate gebraucht hätte, bevor er aus dem Dreck schlau geworden sei. Die Kasse sei, entgegen der Vorschrift, von zwei Leuten (Hütten und Meisen) geführt worden. Das Gutachten Prof. Siolis, das der Verteidiger aus begreiflichen Gründen nicht hören wollte, lautete kurz gefaßt:
Eine geistige Störung Hüttens hat weder jetzt noch in Vergangenheit vorgelegen.
Der Staatsanwalt als Verteidiger
Der Oberstaatsanwalt glaubte sagen zu müssen, daß er den Hüttenprozeß nicht wegen der Stadtverordnetenwahl verzögert habe, im Gegenteil, "Die Justiz der deutschen Republik ist unpolitisch". Für diesen Satz müßte er eigentlich prämiert werden.
Er hielt dann eine "Anklagerede", wie sie besser der Verteidiger nicht halten konnte.
Das Geständnis und die Reue (von der wir nichts gemerkt haben), sei strafmildernd. Die ganze Tat sei Zwangsläufig geschehen und sei damit zu entschuldigen, daß das Gehalt Hüttens 1924 außerordentlich knapp gewesen sei. (Welcher Arbeiter mag ein derartiges Gehalt, wie es Hütten bezogen hat, bekommen?) Nachdem er einmal Urkundenfälschung begangen habe, habe er den Weg zur Selbstüberwindung auf Grund der Pfarrherrlichkeit schlecht wiederfinden können. Wenn er diesen Mut nicht gefunden habe, so sei das auf die "inneren Hemmungen", die man verstehen könne, zurückzuführen. Außerdem habe er für die Armen und Bedrängten immer eine offene Hand gehabt (?). Der moralische Schaden, den er der kath. Kirche zugefügt habe, sei allerdings nicht wieder gut zu machen und falle erschwerend ins Gewicht. Er beantrage wegen fortgesetzter Urkundenfälschungen und gewinnsüchtiger Unterschlagungen für das erstere ein Jahr, für das zweite Vergehen 6 Monate Gefängnis. Strafzusammenlegung auf 1 Jahr 2 Monate Gefängnis unter Anrechnung der Untersuchungshaft. Nach dreiviertelstündiger Beratung wurde das Urteil, welches auf 1Jahr 2 Monate Gefängnis lautete gefällt. Der Antrag des Verteidigers auf Haftentlassung, auch gehen Stellung einer Kaution, wurde, da Fluchtverdacht bei kath. Geistlichen außerordentlich groß ist, abgelehnt.
Hütten hatte gern für seine Gläubiger den Ausspruch auf Lager: "Man muß stets auf den Tod vorbereitet sein."
Wir wissen zwar, daß die Verurteilung Hüttens noch lange nicht seinen Tod bedeutet. Uns kümmert zwar die Person Hüttens wenig. Wir führen einen Kampf gegen ein System. Ganz offen hat die Verhandlung gezeigt, daß
Kirche und Justiz eine der Hauptstützen des herrschenden Systems bilden.
In diesem Zusammenhang betrachtet können wir nicht umhin, ein Wort zu dem Papstbrief, dessen Fortsetzung ein Hirtenbrief des Kardinals Schulte bildet, sagen: Das proletarische Rußland, wo für Betrüger und kapitalistische Ausbeuter, die die Interessen der Allgemeinheit mit Füßen treten, kein Platz ist, ist diesen Kreisen ein Hindernis. Nicht Zerstörung der Kirche, keine Vertreibung der Geistlichkeit, wie das ganz offen der russische Kirchenfürst festgestellt hat, sehen wir dort. Wogegen sich aber der Arbeiterstaat wehrt ist, dass Leute im geistlichen Gewand sich in Dinge mischen, die dem proletarischen Staat der Arbeiter und Bauern zuwider laufen. Eine Pflicht der Selbsterhaltung ist es, wenn die Sowjetbehörde gegen Leute, die es trotzdem tun, einschreitet. Dort schwimmt aber auch die Kirche nicht so im Gelde, wie das bei uns in Deutschland der Fall ist. Mit Hilfe der Sozialdemokratie werden doch durch das Konkordat jährlich Millionen der Kirche in den "Rachen" geworfent, so daß Unterschlagungen, wie sie Hütten beging, nicht weiter auffallen. Der Papstbrief will daß Staatsanwalt, kapitalistischer Staat und Kirche weiter eine Front bilden. Weil das im Sowjetstaat anders ist, deshalb ist der Papst und die kapitalistischen Gruppen bestrebt, den proletarischen Staat niederzuschlagen. Wir sagen ganz offen den christlichen Arbeitern, die wegen dem milden Urteil gegen Dechant Hütten staunen werden, daß nur durch das geschlossene Handeln der revolutionären Arbeiterschaft solche Betrügereien unmöglich gemacht werden können. Nur der proletarische Staat würde solche Betrüger einer gerechten Aburteilung entgegenführen.
Bemerkenswertes der Jahre 1928 - 1929
26.7.1928
Die Familie J. Settels auf der Plattenstraße wurde am Sonntag von einem schrecklichen Unglück heimgesucht. Der 13-jährige Schüler Heinrich Settels spielte bei Rommerskirchen - Hochneukirchenerstr. - auf der Treppe, als der Omnibus der Aachen - Dürener - Verkehrsgesellschaft in die Hochneukirchener Straße einbog. Infolge Versagens der Steuerung fuhr der Omnibus die Kurve zu weit, riß das spielende Kind von der Haustür fort und überfuhr es. Schwerverletzt wurde der Junge sofort zum Krankenhaus nach Wickrath gebracht. Nachts gegen 4 Uhr erlöste der Tod den Armen von seinen furchtbaren Qualen.
5.12.1928
Seit einigen Wochen wütet die Diphtherie unter unseren Kleinen. Dank der schnellen ärztlichen Hilfe war der Verlauf der Krankheit meist ungefährlich. Zeitweise fehlten 25 % der Schulkinder. In der Nacht vom 2. zum 3.12. fiel die Schülerin Klara Jansen der tückischen Krankheit zum Opfer. Allgemein bedauert wurden die schwer geprüften Eltern, die so ihr einfilziges Kind verloren. Heute wurde die Kleine unter Teilnahme der ganzen Schule zu Grabe getragen.
17.3.1929
Von Januar bis März führte der Winter ein strenges Regiment. Gleich nach Neujahr setzte Schneetreiben ein. Monatelang waren Feld und Flur in ein weißes Gewand gehüllt. Das Wasser in den Zuleitungsröhren gefror. Ganze Straßen hatten 4 wochenlang kein Wasser. Am Montag, dem 11. Februar erreichte die Kälte -24° Celsius. Am Abend dieses Tages brannten auf dem Schweinemarkt Scheune und Stallung des Herrn Knabben bis auf die Grundmauern nieder. Alles Bemühen, den Brand zu löschen erwies sich als vergebich. Das Wasser gefror in den Schläuchen.
Getreidefelder und Gemüsegärten waren durch den Frost sehr in Mitleidenschaft gezogen worden. Viele Weizenäcker mußten umgepflügt und neu eingesät werden. Selbst winterhartes Gemüse wie Kohl und Breitlauch fielen der Kälte zum Opfer. Seit gestern ist die Strenge des Winters gebrochen.
12.9.1929
Die Landwirte haben die Getreideerde glücklich regenlos unter Dach und Fach gebracht. Eine Hitzewelle setzte ein. Am 5.9.1929 stieg das Thermometer auf + 34 °Celsius. Wolkenlos blaut der Himmel. Feld und Flur dürsten nach Regen.
Wanlo 1945 - 2.Weltkrieg - Einmarsch der Alliierten
Über den Einmarsch der Alliierten wird folgendes berichtet:
(Frau Küppers (Katharina) Kuckumerstr. 2 )
Es war Dienstag, der 27.2.1945. Der Wehrmachtsbericht hatte kurz vor 12 Uhr gemeldet, die Alliierten hätten die Rur überschritten. Gegen 14 Uhr erschienen die ersten Amerikaner, mit der Maschinenpistole unter dem Arm, ganz vorsichtig, fast ängstlich, von der Heekstraße kommend zum Markt. Die meisten Wanloer Bürger saßen mit älteren Leuten und Kindern in den Kellern der Häuser; denn immer wieder flogen Flugzeuge im Tiefflug über den Ort. Wilhelm Laumanns damals etwa 72 Jahre alt stand mit erhobenen Händen in der Tür bei Küppers. Auf der Plattenstraße (gegenüber) standen ein paar Frauen und ältere Männer und winkten mit weißen Taschentüchern. Frau Küppers hatte dies alles durch einen kurzen Blick des geöffneten Flurtürenfensters gesehen, war dann aber wieder in den Keller gegangen. Nach etwa 20-30 Minuten kam Herr Laumanns in den Keller und sagte: "Das ganze "End" (Stahlenend) kommt zum Markt. Auch Ihr müsst erscheinen; denn das Militär gibt Anordnung, wie sich die Wanloer zu verhalten haben. "So versammelten sich wohl die meisten Wanloer Bürger, viele nur notdürftig gekleidet, manche Mütter mit Kindern auf dem Arm, auf dem Marktplatz. Plötzlich setzte sich die Menge in Richtung Heckstraße in Bewegung "Wir müssen aus dem Dort hinaus" hieß es allgemein. Die Ansammlung so vieler Menschen könnten von Flugzeugen beschossen bzw. bombardiert werden. "Am Ende der Heckstraße hieß es - von einer Tochter ausgesprochen - "Mutter (87 Jahre alt) kann nicht mehr weiter." Da kam seitens der Amerikaner die Anweisung: "Alle alten Leute und Kranke in das Letzte Haus in der Heckstraße "Lazarett" (Haus von Friedrich Küppers)" Der übrige Trupp wurde nach Keyenberg weitergeleitet. An der Kirche in Keyenberg verschwanden einige - angeblich zum Austreten - sind aber nicht zurückgekehrt sondern am Feller - Hof vorbei nach Wanlo zurückgegangen.
Von Keyenberg aus wurden die Wanloer unter Militär mit MP im Anschlag weiter nach Holzweiler geführt und in die Kirche eingewiesen. Es waren mehrere hundert Wanloer, die meisten "op Klompe", in Holzschuhen. Da kam vielen der Gedanke: "Jetzt machen die mit uns, was die Nazi's mit den Juden gemacht haben. Am ersten Abend gab es nichts, auf das man sich schlafen legen konnte. Man saß oder hockte irgendwo und versuchte, sich wach zu halten. Die Kinder schliefen schließlich auf dem Boden, im Schoß oder in den Armen der Mütter ein. Die Kirchenfenster waren teilweise zerstört, es gab keine Heizung. Am 2. Tag holten einige Männer bei den Holzweiler Bauern Stroh, und so schlief man wie das Vieh "Auf "oder "unter Stroh" Da es noch nichts zu essen gegeben hatte, suchte man nach Körnern im Stoh, um wenigstens beim Kauen etwas Speichel im Mund zu erzeugen. Es gab kein Geschirr. Einige hatten beim Strohholen Einmachgläser und kleine Schüsseln "mitgehen heißen". Die Einwohner Holzweilers brauchten nicht in die Kirche, da nur in Wanlo mit größerem Widerstand gerechnet wurde.
Am 3. Tag gab es dann das erste Essen "Eintopf". Man aß gemeinsam an einigen Töpfen.
Besonders schlimm waren die hygienischen Verhältnisse. Die Säuglinge wurden in Altartücher eingepackt. Die "naß gemachten" Tücher wurden im Keller getrocknet und ungewaschen wieder gebraucht. Die älteren setzten sich vor der Kirche hin, manchmal war aber auch dafür kein Platz mehr. Dann wurde am Tage darauf alles umgegraben und man begann aufs neue mit der Notdurft draußen auf dem Gelände. Beim Hinausgehen oder Herankommen während der Nacht mußte man achtgeben, daß man auf niemand, der da am Boden lag, trat.
Am 4. März durften dann die Wanloer Bürgerinnen und Bürger wieder ins Heimatdorf zurück. Man fand nicht alles beim alten. Hier und da waren doch Plünderungen vorgenommen worden, von wem? Das wollte niemand "gesagt haben"; denn für die Wanloer entstand keine größere Not. Es war eben wie in vielen Fällen, wo Truppen in einem Krieg durch bewohnte Gebiete gezogen waren.
Die Geschichte der Volksschule Wanlo (1949)
Zusammengestellt von Herrn Hauptlehrer Gippert am 15. Juli 1949
Die amtlichen Aufzeichnungen der Gemeinde Wanlo beginnen mit dem Jahre 1587. Die Berichte sind sehr kurz gehalten und von einer Schule ist keine Rede. Erst im Jahre 1781 nennt man die Schule, die in der Kirchstraße gestanden hat. In diesem Jahr wurden Kirchstraße und Schule völlig eingeäschert. In der Nähe der Kirche baute man eine neue Schule. Die Gemeinde zählte über 2000 Seelen, die Zahl der schulpflichtigen Kinder betrug 50. Der Küster gab den Unterricht. 1809 einigten sich Gemeinderat und Kirchenverwaltung darüber, daß Lehrerstelle und Küsterdienste getrennt werden sollten.1810 übertrug die Gemeinde einem Herrn Busch aus Neuß die Lehrerstelle. Doch bald verzog dieser, um sich auf den Priesterstand vorzubereiten. 1814 wurde er schon geweiht.
Am 3, November 1812 übernahm Herr Gottfried Wimmers die Lehrerstelle, der bereits 13 Jahre in Neukirchen unterrichtet hatte. Dieser nahm an einem sechswöchigen Lehrerkursus teil und konnte 1816 durch den Herrn Regierungs- und Schulrat Delbrück fest angestellt werden. 26 Jahre hat er der Schule Wanlo vorgestanden. Seine Einkünfte bestanden in einem Schulgeld, das von den Eltern aufgebracht werden mußte. Um seine Lage zu verbessern, arbeitete er nebenbei als Sekretär auf dem Bürgermeisteramt unter dem Bürgermeister Settels.
1842 baute man eine neue Schule mit 2 Lehrsälen und einer Lehrerwohnung (Kirchstraße 229). 1846 feierte Herr Wimmers sein 50-jähriges Dienstjubiläum und schied aus dem Schuldienst aus. An seine Stelle trat Herr Leber Hackenbroich, der aber nur bis 1848 blieb. 1847 bekam Kuckum seine eigene Schule. Am 1. Januar wurde Herr Lehrer Dewies, der in Wehr, Kreis Heinsberg, tätig war, nach Wanlo versetzt. Sein Gehalt betrug 185 Taler. Für das Beten des Rosenkranzes in der Kirche wurden 15 Taler vergütet. 1859 stieg das Gehalt auf 250 Taler und 1872 beschloß der Gemeinderat, das Einkommen auf 280 Taler zu erhöhen. Am 15. September 1873 setzte die Königliche Regierung das Gehalt der Lehrer für Wanlo und Kuckum auf 350 Taler fest, rückwirkend ab 1. Juli 1873.
1850 war die Kinderzahl so gestiegen, daß die beiden Schulsäle nicht mehr ausreichten. Deshalb wurden die unteren Räume der Lehrerwohnung zur Schule genommen. 1868 verfügte die Regierung die Einrichtung einer dritten Klasse. Ein Klassenraum wurde ausgebaut. 1878 betrug die Kinderzahl 178. Am 14. Oktober 1889 schied Herr Lehrer Dewies nach einer würdigen Abschiedsfeier aus dem Amte, nachdem er 44 Jahre und 5 Monate im Dienst gewesen war. Sein Nachfolger wurde Hauptlehrer Heinrich Gilles, der am 19. Marz 1921 in den Ruhestand trat. Die Schülerzahl stieg auf 213 Kinder und die Schule wurde vierklassig. Ein weiterer Raum stand aber nicht zur Verfügung. Als Nachfolger von Hauptlehrer Gilles trat am 1. Apri1 1921 Herr Hauptlehrer Martin Jülicher sein Amt an. Er wurde am 16. April 1923 als Rektor nach Wickrath versetzt. Ihm folgte Herr Hauptlehrer Kronenberg, der am 1.1.1926 zum Rektor nach Rees ernannt wurde. Zum 15.Dezember 1926 übertrug die Regierung die Schulleiterstelle dem Hauptlehrer Josef Geiser.
1928 war die alte Schule so baufällig geworden, daß man an einen Neubau denken mußte. Schon 1912 hatte der Gemeinderat in einer Sitzung Stellung zu nehmen. Eine neue Schule zu bauen wurde mit dem Hinweis auf die hohen Steuersätze und die hohen Kosten, die der Landwirtschaft durch die Landzusammenlegung entstanden, abgelehnt. Am 26.8.12 wählte man aber eine Kommission zwecks Verhandlung mit der Regierung in Düsseldorf. Diese sollte einen Teil der Baukosten übernehmen. Die Regierung erklärte sich bereit, einen Zuschuß von 8000,- Mark zu leisten. Darauf beschloß der Gemeinderat am 30.9.1912 den Bau einer neuen Schule vorzunehmen. Als Bauplatz wählte man ein Grundstück neben dem neuen Bürgermeisteramt. Eine vierklassige Schule mit einem Kellerraum zur Unterbringung der Kohlen sollte gebaut werden. Eine Lehrerwohnung wurde nicht vorgesehen. Während des Weltkrieges 1914 - 1918 konnte das Projekt nicht zur Ausführung kommen. Erst 1928 bemühte man sich, Schul- und Kreisverwaltung, erneut um den Neubau einer Schule. Der Gemeinderat beschloß dann, eine vierklassige Schule zu bauen. Die Regierung bewilligte der Gemeinde einen Zuschul3 von 45.000,- Mark. Im Frühjahr 1929 wurde mit dem Neubau begonnen, und am 8. Januar 1931 konnte die neue Schule eingeweiht werden. Da es an weiteren Mitteln fehlte, war es nicht möglich, Küche und Baderäume auszubauen. Die Schülerzahl betrug 167.
Durch Geburtenrückgang und Abwanderung zur Stadt fiel die Schülerzahl ständig. 1936 waren es 136 Kinder. Eine Lehrerstelle mußte abgebaut werden und Hauptlehrer Gippert, der seit dem 1. Juni 1930 in Wanlo tatig war, wurde nach Pesch, Kreis Neuß, versetzt.
In den letzten Tagen des Krieges 1940 - 1945 wurde die Schule so stark beschädigt daß Unterricht nicht mehr in ihr erteilt werden konnte. Granaten hatten großen Schaden angerichtet. Fast das gesamte Inventar war verschwunden. Darum wurde in der alten Schule der Turnraum einigermaßen hergerichtet, so daß am 15.8.1945 mit dem Unterricht begonnen werden konnte. Durch Zunahme der Geburten und Zuzug von Flüchtlingen stieg die Kinderzahl auf über 170.
Es mußten unbedingt die Beschädigungen an der neuen Schule behoben werden. Vor der Währungsreform (1948) fehlten der Gemeinde die Naturalien, um Baumaterial kompensieren zu können. Nach der Währungsreform hat man zwei Räume fertiggestellt, so daß am 5. Juli 1948 der Unterricht aufgenommen werden konnte. Die Kinderzahl beträgt augenblicklich 168. Vier Klassen müssen in zwei Räumen unterrichtet werden. Nun hat man auch die beiden anderen Räume in Angriff genommen, so daß zu hoffen ist, daß bald die Kriegsschäden restlos beseitigt sind.
Am 1. August 1934 wurde Wanlo in die Landgemeinde Wickrath eingegliedert. Durch diese Maßnahme mußte Wanlo seine Selbständigkeit aufgeben. Die Schule gehört nun zum Schulverband Wickrath.
gez. Gippert
1958 wurde Herr Hauptlehrer Gippert wegen Erreichens der Altersgrenze pensioniert und Lehrer Küppers, bis 1953 Erster Lehrer und Schulleiter an der 2-klassigen Volksschule in Süsterseel Kreis Geilenkirchen, übernahm die Schulleitung und wurde zum Hauptlehrer befördert. Herr Küppers leitete die Schule bis zu ihrer Auflösung im Rahmen der Zusammenlegung von Schulen in Nordrhein - Westfalen zum 31.Juli 1968.
2008 wurde die Schule Wanlo geschlossen.
Der Schulunterricht findet nun in der Gemeinschaftsgrundschule Beckrath statt.
Anmerkungen des Chronisten zu den Reportagen in der Tageszeitung "Rheinische Post" von Samstag, dem 1. Juni 1968 und Mittwoch dem 19. Februar 1986.
Die beiden Zeitungsausgaben sind absichtlich nicht zeitgeordnet eingefügt worden. Da aber ein geschichtlicher Überblick über die Zeit von 1587 bis 1968 hauptsachlich über Schulgebäude und Lehrpersonen bereits in der Chronik vorhanden waren, schien es doch angebracht, beide Berichte hier einzufügen.
Es dürfte für den Leser interessant sein, zu erfahren, wie sich das Schulwesen aus recht primitiven Anfängen - wenn auch erst nach 150 - 200 Jahren - allmählich zu einer selbständigen Institution entwickelt hat, allerdings nach und nach immer mehr von öffentlichen (staatlichen) Stellen übernommen. Doch zeigt die "Reportage" vom 19. Febr. 1986 wie sich das Erziehungswesen in ein Gegenteil verwandelt hat; denn hier kann wohl kaum noch von "Erziehung", von "Erziehung als Heilswille am Kinde "(Eggersdorfer) gesprochen werden.
Es darf aber auch nicht verschwiegen werden, daß sich in letzter Zeit - seit Anfang 1985/86 - wieder andere Perspektiven im Erziehungswesen auftun. Zwei hiervon seien angeführt: Die erste möchte zurück zum Unterricht der Erziehung die das Kind wieder zu Charakterstärke, im tieferem Erkennen und festerem Besitz des Erlernten führt, andererseits als zweites Ziel, den jungen Menschen zum maschinellen Denken (Computer) zu führen, um im späteren Leben mit der Technik, weniger mit dem Menschsein, dem Zusammenleben mit dem von Gott geschaffenen Wesen "Mensch" fertig zu werden.
Was wird die Zukunft bringen?
Gründung der "Dorfinteressengemeinschaft" (1955)
1958
Zum 1. Juli 1958 war die Dorfbevölkerung zu einer Versammlung eingeladen, um Fragen, die das dörfliche Geschehen etwas verändern sollte, näher zu besprechen. Als Tagungspunkte waren vorgesehen:
1.Errichtung eines Kindergartens
2.Schaffung eines Kinderspielplatzes und
3.Verkehrsprobleme.
Nach einer lebhaften Debatte wurde ein Ausschuß von 12 Personen gewählt. Dieser nannte sich dann "Dorfinteressengemeinschaft". Man wollte zunächst den Namen "Heimatverein" wählen, kam aber dann zu dem Entschluß sich "Dorfinteressengesellschaft" zu nennen, um in dem verhältnismäßig kleinen Dorf nicht noch einen weiteren Verein zu gründen. Daher wurde auch beschlossen, keine Mitglieder zu werben und keine Mitgliederbeiträge zu erheben; denn die meisten Wanloer zahlten schon in 3 oder 4 Vereinen einen Beitrag. Zum ersten Vorsitzenden wurde Hauptlehrer Küppers gewählt.
Wie vorher bereits erwähnt hatte die Bevölkerung Wanlo's mehrere Wünsche. Zunächst war man der Auffassung, daß es möglich und notwendig sei, einen Kindergarten zu bauen. Als Platz hierfür wurde die Fläche genannt, die durch den Abbruch des alten Pastorats entstanden war.
Inzwischen war ein neues Patoratsgebäude erstellt worden. Zur Begründung wurde angeführt, daß durch den enormen Durchgangsverkehr eine erhöhte Gefahr für jeden Verkehrsteilnehmer, vor allem für Kinder entstanden war. In den beiden Letzten Jahren sind bereits 2 vorschulpflichtige Kinder im Ort Wanlo zu Tode gekommen (Kind König und. Kind Lenßen.)
Auch hielt man es für dringend notwendig, für die Kinder einen Kinderspielplatz zu erstellen, der möglichst abseits des Verkehrs anzulegen sei.
Wanlo hatte auch Probleme mit dem Verkehr. Die Straßen hatten noch keine Namensschilder, obwohl fast alle Straßen Namen hatten. Postalisch galten allerdings die Hausnummern von Haus Nr. 1 bis Haus Nr.245. Weiter wurde in einer späteren Sitzung angeregt, jährlich einen "Alten - Nachmittag" zu veranstalten, wo bei Kaffee und Kuchen musiziert, Späße erzählt oder Theaterspiele vorgetragen wurden.
Kinderspielplatz 1961
Im Frühjahr 1961 wurde auf einem angepachteten Grundstück seitens der Gemeinde ein Kinderspielplatz errichtet. Ein Spriegelzaun zur Straße hin, ein paar mit Sand gefüllte Kästen wurden in den Boden eingelassen, Rasen wurde gesät und ein Kinderkarussell sowie eine Rutsche aufgestellt.
Kindergartenplanung 1960
Betr.: Neubau Kindergarten Wickrath - Niers, Wanlo.
A Situation
Das Dorf Wanlo liegt an einer sehr belebten Hauptverkehrsstraße. Es haben sich in den letzten 4 Jahren auf einer Strecke von 2 Km - soweit erstreckt sich. die Ortschaft - 6 Verkehrsunfälle mit tödlichem Ausgang ereignet. Unter den Toten waren allein 2 vorschulpflichtige Kinder. soweit bekannt, sind aber auch mehrere Kinder ernstlich in. Gefahr geraten, indem sie in motorisierte Fahrzeuge gelaufen sind.
Zu erwähnen ist noch, daß Wanlo als Endstation der Obus-Linie Rheydt - Wickrath - Wanlo einen ständigen Verkehr aufzuweisen hat, wobei die Enge der Straße (Bürgersteigbreite größtenteils 5o bis 80 cm) von vorneherein eine erhöhte Gefahr für jeden Fußgänger, besonders aber für Kinder mit sich bringt.
Im Jahre 1957 wandten sich daher verschiedene Bürger an die Gemeindeverwaltung mit der Frage, ob nicht eine Möglichkeit zur Errichtung eines Kindergartens und die Einrichtung eines Kinderspielplatzes bestünde.
Eine Unterschriftensammlung in der Kirche für das Interesse zur Schaffung eines Kindergartens - unter Berücksichtigung des zu zahlenden Monatsbeitrages seitens der Eltern in Höhe von 8,00 DM - ergab, daß genügend Kinder zum Besuch einen Kindergartens angemeldet würden.
Auf der Gründungsversammlung der "Dorfinteressengemeinschaft" am 1. Juli 1960 wandten sich erneut Teile der Bewohner an den Vorstand, doch in Verbindung mit den kirchlichen und weltlichen Behörden zu versuchen, möglichst bald zur Errichtung eines Kindergartens zu gelangen. Allgemein herrscht die Meinung, daß kein Ort dringender einen Kindergarten benötige, wie gerade Wanlo.
Die bisher geführten Verhandlungen mit Gemeinde und. Kreis haben ergeben, daß man allgemein die Dringlichkeit anerkennt und bestrebt ist, den :Baubeginn so früh wie eben möglich zu erreichen.
B Personenkreis, der sich bisher für die Verhandlungen bemüht bzw. diese geführt hat.
1. Pfarrer Erb - Pfarrer von Wanlo, Vorsitzender des Kirchenvorstandes
2. Herr Schlömer, Kapellen - Kreistagsabgeordneter und Vorstandsmitglied des Landschaftsverbandes
3. Herr Dörges, Wickrath - Kreistagsabgeordneter
4. Frau Bauer, Grevenbroich - Leiterin des Jugendamtes in Grevenbroich.
5. Gemeindedirektor Esser - Gemeindedirektor von Wickrath,
6. Herr Heinen, Wanlo - Mitglied des Gemeinderates
7. Hauptlehrer Küppers, Wanlo - Vorsitzender der Dorfinteressengemeinschaft.
8. Herr Corcilius, Wanlo - Architekt
C Baukosten
a Grundstück Kirchengeländeb Reine Baukosten unter Zugrundelegung der vorläufigen Zeichnungen und einem m³ - Preis von 90,00 DMc Baunebenkosten etwa 18 - 20% der reinen Baukostend Gesamtbaukosten |
ca. 110.000,00 DM
20.000,00 DM 130.000,00 DM |
D Finanzierung
Folgende Mittel wurden bisher durch die mündl. Verhandlung zugesagt:
a Gemeinde Wickrath Beschluß des Gemeinderates über 18.000,00 DM aus dem Jahre 1958 liegt vor. b Kreis Grevenbroich Die Summe ist beantragt. c Landschaftsverband Der Kreis übernimmt die Vorfinanzierung, wenn der Landschaftsverband die Genehmigung zum vorzeitigen Baubeginn erteilt. d Generalvikariat Aachen RestbetragGesamtbaukosten |
20.000.00 DM
30.000,00 DM 40.000,000 DM 40.000.000 DM 130.000,00 DM |
E Unterhaltung
Durch die Gemeinde Wickrath wurde beschlossen (Beschluß liegt vor), daß je Kind und Monat 4,00 DM gezahlt werden.
Die Unterhaltungskosten des Kreises betragen z.Z. je Kind und Jahr 10,00 DM. Dieser Betrag soll erhöht werden, jedoch liegen hierüber noch keine näheren Angaben vor.
Der von den Eltern zu leistende Beitrag beträgt 8,00 DM je Kind und Monat. Wie die Unterschriftenliste zeigt, ist dieser Betrag erschwinglich.
Aufgestellt: Wanlo, den 24.9.1960
Abbruch der St. Michaels - Kapelle (1960)
Leider mußte für den Bau des Kindergartens
die St. Michaels - Kapelle (s. Bild) abgebrochen werden, um die notwendige Platzgröße für den Kindergarten zu bekommen.
Die Kapelle war von Pfarrer Hoffmann
(gest. 1814) in der Nähe des damals neben der Kirche liegenden Friedhofs erbaut worden.
Kindergartenbau (1962)
Nach den Beratungen des Vorsitzenden der Dorfinteressengemeinschaft mit Herrn Pfarrer Erb über die Möglichkeiten der Errichtung eines Kindergartengebäudes auf dem Gelände des alten Pastorats ging die Planung zügig voran.
Zunächst wurde von dem Architekten, Herrn Corcilus, ein Bauplan erstellt. Daraufhin wurde ein Termin mit der Finanzabteilung des Bistums Aachen vereinbarte. An der Besprechung in Aachen nahmen teil:
Frau Bauer - Grevenbroich - Leiterin des Jugendamtes
Herr Dörges - Wickrath - Kreistagsabgeordneter
Herr Heinen - Wanlo - Mitglied des Gemeinderates
Herr Küppers - Wanlo - Vorsitzender der Dorfinteressengemeinschaft
Herr Gorcilius - Wanlo- Architekt
Nach den Darlegungen des Bistums, wäre Wanlo mit seinem Vorhaben wohl an die 83igste Stelle zu setzen, da die Finanzierungen durch den Landschaftsverband dem Bistum Schwierigkeiten bereiteten. Als aber Frau Bauer erklärte, der Kreis (Kreisverwaltung) sei bereit die Vorfinanzierung des Landschaftsverband Anteils (einschl. Zinsen) zu übernehmen, hieß der letzte Satz:
"Dann sehen Sie zu, daß Sie beim Landschaftsverband eine vorzeitige Baubeginn - Erlaubnis erhalten."
Kurze Zeit darauf fand dann auch ein Gespräch mit dem zuständigen Regierungsrat beim Landschaftsverband in Köln statt. An dieser Aussprache nahmen teil:
Pfarrer Erb, Wanlo
Herr Küppers, Wanlo und
Herr Corcilius als Architekt.
Das Endergebnis war: dem Bau eines Kindergartens in Wanlo stand nichts mehr im Wege.
1.7.1962
Nach nur 2-jähriger Bauzeit, einschließlich Planung, konnte der Kindergarten seiner Bestimmung übergeben werden, was durch eine feierliche Einweihung durch Pfarrer Erb erfolgte, an der Vertreter des Kreises und der Gemeinde teilnahmen. 57 Kinder waren angemeldet. Leiterin des 2 -Gruppenkindergartens war Frl. Aperdannier
Die Teufelsaustreibung zu Wanlo (1965)
aus: Sagen und Legenden des Kreises Grevenbroich.
Schriftenreihe des Landkreises Grevenbroich Nr. 4. 0
Grevenbroich/Niederrhein, 1965.
Mit freundlicher Genehmigung:
Rhein-Kreis Neuss,
Kreisarchiv/Internationales Mundartarchiv Dr. Karl Emsbach Schlossstr. 1, 41541 Dormagen
In Wanlo lebte, es sind etwa hundert Jahre her, die Witwe Beermann mit ihrer Tochter Margrete. Sie wohnten in einem alten Lehmhäuschen am Ausgang des Dorfes und verdienten sich ihr Brot in der Weise armer Leute, im Tagelohn, in Botengängen und, wenn der Winter ins Land gekommen, mit Spinnen und Weben. Es war ein kärgliches Hausen, und es bedeutete für die beiden einen wahren Festtag, wenn sie durch ein paar übrige Groschen, was selten genug geschah, statt des groben Schwarzbrotes einen bescheidenen Kuchen sich gönnen durften. Eines Tages hatte die Witwe es wiederum geschafft, ein süßes Weißbrot in Form eines Kranzes auf den Tisch zu stellen, und sie schärfte, der Naschhaftigkeit der Tochter eingedenk, dieser ein, ihn nicht vor der Zeit anzuschneiden, da sonst die Festtagsfreude geschmälert sei. "So schließe ihn doch in den Schrank, Mutter!" gab diese, ein wenig schnippisch, den Rat, "und wenn dennoch der Kuchen angebissen wird, dann haben es die Heinzelmännchen getan!"
Die Witwe Beermann folgte dem wenn auch nicht ehrlich gemeinten Rat, zog den Schlüssel ab und begab sich zur Ruhe. Die Tochter aber, schlecht gesättigt und mit begehrlichen Sinnen bei dem eingeschlossenen Kuchen, zog leise den Schlüssel aus ihrer Mutter Rocktasche, öffnete den Schrank und schnitt sich ein Stück aus dem duftenden Gebäck, das sie alsbald verzehrte. Den Schlüssel steckte sie an seinen vorherigen Platz.
Am anderen Morgen, als die Glocken zum Frühgebet läuteten, stand die Witwe auf, gebot der Tochter, die Stube zu ordnen und den Tisch zu decken, während sie selbst sich in den Ziegenstall begab, um die Tiere zu füttern und zu melken, wobei sie sich auf das sie erwartende Frühstück, den Kuchen, freute. Als sie eine Weile später die Milch in die bereitstehenden Tassen füllte und dabei mit Wohlgefallen den Blick auf den Kranz heftete, den die Tochter auf ihr Geheiß aus dem Schrank geholt, fiel ihr plötzlich vor zorniger Überraschung die Schöpfkelle aus der Hand, so daß deren Inhalt sich auf den mit weißem Sand bestreuten Fußboden ergoß. "Wer hat das getan?" fragte sie zornig und deutete auf die Lücke im Kuchen. "Nun, wahrscheinlich doch die Heinzelmännchen, wie ich es vorausgesagt habe!" entgegnete mit gespieltem Gleichmut die Tochter. "Du hattest ja den Schrank abgeschlossen und …
Sie kam nicht zu Ende, denn der Mutter derbe Hand versetzte ihr einen heftigen Schlag auf die Backe. "Du Lügenaas!" schrie sie, "du hast den Kuchen trotz meines ausdrücklichen Verbots angeschnitten, und so wollte ich denn, du hättest dir gleich den Teufel mit in den Leib gegessen!"
Das Mädchen erbleichte und fuhr mit gespreizten Händen zurück, als erblicke sie etwas Unheimliches, dem sie wehren wollte, und war von Stund an verwandelt. Sie sang schändliche, einer Jungfrau nicht geziemende Lieder, die das Laster und die Liederlichkeit verherrlichten, sang sie in rauhen, tiefen Kehllauten, als habe eine Männerstimme die ihre verdrängt. Die erschreckte Mutter schalt, bettelte und beschwor zuletzt die Tochter, die .sündhafte Art von sich zu tun, und den Herrgott zu fürchten. Aber das Mädchen lachte, die Zähne bleckend, ihr häßlich ins Gesicht und hielt ihr in boshaftem Triumph Fehler und Dinge vor, die die Mutter vor Scham erröten machten und sie gleichzeitig in die größte Bestürzung versetzten. Denn diese Entgleisungen waren vor der Geburt ihrer Tochter geschehen und konnten dieser nur von einem bösen Geiste offenbart worden sein. Als das Mädchen sich zuletzt dem Gebet und Kirchgang widersetzte und das Weihwasser, mit dem die Mutter sie besprengen wollte, fauchend abwehrte, ward es der Witwe völlig klar, daß der Teufel auf Grund ihrer unglückseligen Verwünschung in ihre Tochter gefahren war. Diese folternde Gewißheit wie einen Alp auf dem Herzen, eilte die Frau sogleich zu ihrem Geistlichen, dem Pastor Hoffmann, und bat ihn händeringend und unter Tränen, ungesäumt zu kommen und den bösen Geist aus ihrer Tochter zu vertreiben. Der Hirte, bestürzt darüber, daß der Teufel in seinem Kirchdorfe, inmitten seiner behüteten Herde umgehe und sich bereits ein Opfer ausgesucht habe, begab sich sogleich mit der Witwe in deren Häuschen, wo sie die Tochter, anzusehen wie eine verwilderte Gängerin, mit wirrem Haar und zerrissenen Kleidern antrafen. Als sie den Pastor erblickte, wich sie wie in Angst vor ihm in die hinterste Ecke zurück und schrie, als er ihr folgte und die exorzierenden Worte über sie sprechen wollte, mit einer kreischenden Männerstimme: "Weiche, du Sünder, du hast keine Macht über mich! Hast du nicht selbst gegen das 7. Gebot gefrevelt und, als du noch ein barfüßiger Junge warst, Kappes von einem Felde gestohlen?"
Der Priester, nun vollends überzeugt, wen er vor sich habe, erwiderte ruhig: "Ich war armer Leute Kind, und wir litten allesamt Hunger. Da habe ich aus Not eines Tages einen Kohlkopf vom Feld eines Halfen gestohlen und meiner Mutter gebracht mit der Erklärung, man habe ihn mir geschenkt. Der Halfe spürte den Verlust nicht, dennoch habe ich, nachdem ich in mein Amt gefunden und über einige Mittel verfügte, den Kappes weit über seinen Wert hinaus dem Bauern bezahlt. Diese Sünde also drückt mich heute nicht mehr und ist kein Hindernis für deine Austreibung!" Und er begann von neuem und diesmal dringlicher die exorzierenden Gebete, und als diese in das Geheiß mündeten: "Fahre aus, Vater der Lüge und Geist des Verderbens, ich heiße dich und befehle dir im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!" da erhob der Böse ein greuliches Gezeter aus dem Munde des Mädchens, dieses ward geschüttelt und mit Wucht auf die Erde geworfen, und als es unter dem Beistand von Mutter und Priester sich erhob, sagte es zitternd und unter großem Weinen: "Nun ist er fort! Ach, wie hat er mich gequält!" Von Stund an war das Mädchen gesund. Der Teufel aber blieb weiter in der Gemeinde, plagte Menschen und Vieh, und ganz besonders war er zu fürchten in der Mitternachtsstunde von 12 bis 1, wo er auf die mannigfachste Weise Schaden tat an Menschen, Vieh und Geräten.
Der Pfarrer Hoffmann, erschreckt und besorgt um seine Herde, bemühte sich jetzt um einen starken Verbündeten und fand ihn in dem heiligen Michael, der einst Luzifer und seinen Anhang in den Abgrund gestoßen. In aller Eile erbaute er ihm eine Kapelle, in der er ihn nun allnächtlich von 12 bis 1 um seinen Beistand anflehte und ihm seine Herde in beweglichen Worten empfahl. Und Sankt Michael half. In Kürze verschwand der Teufel und ward seitdem nicht mehr in Wanlo gespürt.
Bau eines neuen Jugendheimes (1964-1966)
Das alte Jugendheim, das zusammen mit der Küsterwohnung an der "Kirchstraße" stand, war im 2.Weltkrieg durch eine Bombe stark beschädigt worden. Unter Herrn Pfarrer Gau wurde das Gebäude der damaligen allgemeinen Notlage entsprechend durch "Eigenleistungen" wieder aufgebaut. Für Jugendräume standen nur 2 Zimmer zur Verfügung. l956 übernahm Lehrer Küppers die Jugendgruppe der älteren Jahrgänge (18 -23 Jahre alt), während Pfarrer Gau die jüngeren Jahrgänge betreute. Da die Gruppe der älteren Jahrgänge reges Interesse an den Abenden hatte, wurden diese zum "Jugend - Seminar" umgestaltet, an dem auch auswärtige "Referenten", sei es vom Bistum, von der Gemeinde oder dem Kreis, zur Verfügung gestellt wurden. Von den genannten Amtsstellen wurden auch finanzielle Mittel breit gestellt.
1962 wurden dann die ersten Kurse für Erwachsene - wie Zuschneide und Kochkurse - und später Abende mit Themen über Ehe, Familie‚ Erziehung - Religion und Kirche u.a.m. durchgeführt. Zu allen Kursen wurden fast stets auswärtige Referenten herangezogen. Für den Ort Wanlo war der Besuch der Veranstaltungen sehr rege.
Zunächst fanden die "Erwachsenen - Kurse" im Schulgebäude statt, doch schien es angebracht, ein neues Jugendheim zu errichten, das der Jugend- und Erwachsenenbildung einen "angepaßten" äußeren Rahmen vorzuweisen hatte.
Nach der Vorlage eines Kostenvoranschlages durch den Architekten Herrn Eberhard Corcilius wurde ein Termin mit der Finanzabteilung des Bistums Aachen vereinbart, an dem Herr Horst vom Kreis-Jugendamt Grevenboich, Herr Architekt Corcilius und Hauptlehrer Küppers teilnahmen. Zunächst wurden vom Bistum nur 90.000,- DM für den Bau vorgeschlagen. Nach Darlegung der regen Tätigkeiten in der Erwachsenenbildung und der Zusage des Kreises Grevenbroich sich an einer Höheren Finanzierung zu beteiligen, wurde die Höhe der Kosten auf 150.000,- DM festgelegt. Einige Wochen Später fand dann ein Gespräch mit dem Landschaftsverband Rheinland in Köln statt. An diesem Gespräch nahmen Pfarrer Erb, Herr Corcilius und Hauptl. Küppers teil. Der Landschaftsverband war mit dem Bau des Jugendheimes und der Verteilung der Bausumme auf die einzelnen Körperschaften einverstanden und bewilligte ebenfalls einen Zuschuß.
Am 4.4.1966 wurde mit den Baumaßnahmen begonnen. Eröffnung und Einweihung durch Pfarrer Erb erfolgte am 27.11.1966. Die Gesamtkosten betrugen einschließlich Nebenkosten und Einrichtung 115.000,- DM
Schulkonzentration (1966)
Ende 1966 wurden nachfolgende 2 Briefe an die Eltern in Wanlo verschickt.
Brief 1:
GEMEINDE WICKRATH
DER GEMEINDEDIREKTOR
Gemeindeverwaltung 4072 Wickrath (Niers) o Postfach 60
12. Oktober 1966
Betrifft:
Sehr geehrte Eltern,
wie Sie vermutlich aus der Tageszeitung erfahren haben, hat der Rat der Gemeinde Wickrath beschlossen, die Kinder des 7. bis 9, Schuljahres zentral an der kath. oder evang. Schule in Wickrath zu unterrichten. Dieser Beschluß ist gefaßt worden aufgrund eines Erlasses des Kultusministers vom 23.2.1966. Ziel dieser ministeriellen Verfügung ist, auch im Land Nordrhein - Westfalen eine Hauptschule einzurichten. Diese Hauptschule, die später einmal die Jahrgänge 5 - 9 umfassen soll, hat die Aufgabe, den Kindern, die nicht zur Realschule oder zum Gymnasium gehen, ein größeres Wissen, insbesondere auch in naturkundlichen, technischen und sprachlichen Fächern, zu vermitteln. Dieser verbesserte Unterricht soll in Jahrgangsklassen und Arbeitsgemeinschaften durchgeführt werden. Der Kultusminister leitet damit: eine Schulreform ein, die in anderen Ländern zum Teil schon vor Jahren und mit gutem Erfolg durchgeführt worden ist.
Voraussetzung dafür, daß die Zusammenfassung der Jahrgänge 7 -- 9 - tatsächlich erfolgt, ist jedoch die Bereitstellung der notwendigen Lehrkräfte. Ich habe inzwischen eine Eingabe an den Schulrat und an das Kultusministerium gemacht und darin gebeten, uns weitere Lehrer zuzuweisen.
Soweit es möglich ist, soll der Transport mit Linienbussen erfolgen, wobei anzunehmen ist, daß die Transportkosten von der Gemeinde übernommen werden. Wir halten die Fahrt mit Linienbussen für vertretbar, weil es sich in der Regel um 12 - 15jährice Kinder handelt. Soweit kein geeigneter Linienverkehr vorhanden ist, werden Schülerbusse eingesetzt. Es laufen z.Zt. Verhandlungen mit dem Kreis, daß für Realschule und Hauptschule ein gemeinsamer Schülerbusverkehr eingerichtet wird.
Da Ihr Kind ………. von der Schulkonzentration betroffen wird, gebe ich ihnen heute schon von der bevorstehenden Änderung Nachricht.
Ich werde über weitere Einzelheiten noch rechtzeitig unterrichten.
Es ist Rat und Verwaltung bekannt, daß die Zusammenlegung der Klassen vielfach auf Unverständnis und Ablehnung stößt. Es ist an sich nicht die Aufgabe einer Gemeindeverwaltung, den Sinn einer landespolitischen Maßnahme zu erläutern. Ich bitte aber trotzdem, einmal zu erwägen, daß die Schulkonzentration nicht deswegen durchgeführt wird, um die Eigenständigkeit der Dörfer zu vermindern und die Familien zu belasten. Sie wird vielmehr in Angriff genommen weil wir die Aufgaben unserer Industriegesellschaft mit den herkömmlichen Bildungsmitteln nicht mehr erfüllen können. Das Ausland hat viel früher begonnen und besitzt heute schon einen beachtlichen Bildungsvorsprung. Wir müssen alle etwas tun, um die gute Entwicklung von Volk und Gesellschaft zu gewährleisten. Und zu dieser Gewährleistung gehört auch die Verbesserung des Schulsystems.
Ich, weiß nicht, was Sie davon halten. Für den Fall, daß Sie aber der Meinung sind, es müsse alles beim Alten bleiben, möchte ich Sie doch bitten, die vorstehenden Darlegungen einmal zu überdenken und den Beschluß des Rates vielleicht doch nach besten Kräften zu unterstützen.
Mit freundlichem Gruß
Brief 2:
GEMEINDE WICKRATH
DER GEMEINDEDIREKTOR
Gemeindeverwaltung 4072 Wickrath (Niers) o Postfach 60
15. November 1966
Betrifft: Schulkonzentration
Sehr geehrte Eltern,
im Nachgang zu meinem ersten Rundschreiben muß ich mitteilen, daß die Schulaufsichtsbehörde nicht in der Lage gewesen ist, die für die Teilkonzentration der Jahrgänge 7 - 9 erforderlichen Lehrkräfte zur Verfügung zu stellen.
Aus diesem Grunde ist es nicht möglich, bereits am 1.12.1966 die ganze Oberstufe zusammenzuführen. Ab 1.12.1966 wird lediglich versucht, das gesamte 9. Schuljahr in Wickrath zu unterrichten. Das 7, u. 8. Schuljahr verbleibt noch auf den Dorfschulen.
Der Mangel an Lehrpersonal ist auch deswegen so groß, weil die Gemeinden bei Einrichtung von Zentralschulen noch auf halbem Wege stehengeblieben sind und die Zwergschulen nicht aufgelöst haben.
Soweit Sie ein Kind haben, das ab 1.12.1966 in das 9. Schuljahr versetzt wird, bitte ich Sie, sich darauf einzurichten, daß es entweder die kath. oder die evang. Volksschule in Wickrath besuchen wird. Einzelheiten werden Ihnen noch mitgeteilt, Die Fahrtkosten werden, vorbehaltlich der Zustimmung des Hauptausschusses, von der Gemeinde übernommen.
Den Eltern der Kinder des 7, u. B. Schuljahres möchte ich noch sagen, daß die Konzentration sobald wie möglich nachgeholt werden muß.
Ich bin nun verschiedentlich gebeten worden, auf die Ortschaften zu kommen und dort das Schulproblem zu besprechen. Bislang hat mir hierfür jegliche Zeit gefehlt. Es muß auch mit ganz besonderem Nachdruck darauf hingewiesen werden, daß die Schulreform Aufgabe des Staates und nicht der Gemeinde ist. Das Land NW ist nach Artikel 8,1 seiner Verfassung dafür verantwortlich, daß das Schulwesen den kulturellen und sozialen Bedürfnissen des Landes entspricht. Deswegen sind auch die Staatsbehörden und nicht die Gemeinden verpflichtet, Aufklärungsarbeit zu leisten. Die Gemeinde hat nur die Aufgabe, im Rahmen der gesetzl. Bestimmungen entsprechende Schulbezirke zu bilden und Schulgebäude bereitzustellen. Trotzdem wird von mir erwogen, vor einer Zusammenfassung der Jahrgänge 7 und 8 oder vor weitergehenden Schulreformmaßnahmen einen generellen Erörterungstermin mit den betroffenen Eltern anzusetzen. Darüber erhalten Sie noch weiteren Bescheid.
Mit freundlichem Gruß
Herrn
Hauptlehrer Küppers
Wanlo
zur gefl. Kenntnisnahme übersandt.
Ich bitte Sie, die Konzentration des 9. Schuljahres zum 1.12.1966 vorzubereiten.
Unser Dorf soll schöner werden (1967)
1967 beteiligte sich Wanlo am Landes-Wettbewerb "Under Dorf sol schöner werden" und erhielt eine Ehrenurkunde.
Abschied von Pfarrer Erb (1969)
Kirchenvorstand
St. Maria Himmelfahrt
Wanlo
An alle
katholischen Pfarrangehörigen
in Wanlo
Der Bischof von Aachen hat unseren
Pfarrer Paul Erb zum 1. November 1969 auf dessen Wunsch hin in den Ruhestand versetzt.
Im 73 Lebensjahr wird er Anfang Dezember seine Pfarrei verlassen und nach Aachen übersiedeln.
Über 11 Jahre hat er als Seelsorger in Wanlo gewirkt.
Viele aus der Gemeinde haben seine Hilfe erfahren und möchten ihm dafür Dank sagen.
Am kommenden
Sonntag, dem 23. November 1969
wollen wir in einer feierlichen Hl. Messe um 9.00 Uhr unseren Pfarrer Erb verabschieden.
In diesem Gottesdienst, der unter anderem vom Kirchenchor St. Johannes, Rheydt gestaltet wird, soll von einigen Vertretern der Pfarrei dem scheidenden Pfarrer ein Wort gesagt werden.
Recht herzlich möchten wir zu diesem Hochamt alle Pfarrangehörigen einladen. Besonders auch die Vorsitzenden aller örtlichen Vereine und die Vertreter der politischen Parteien sind zu diesem Abschiedsgottesdienst freundlichst gebeten.
Nach dem Hochamt ist auf einem Empfang im Jugendheim Gelegenheit, sich von Pfarrer Erb persönlich zu verabschieden.
Die Kollekte in dieser Messe und in der Vorabendmesse am Samstag soll für den scheidenden Pfarrer sein. Nach seinem Wunsch möcht er dieses Abschiedsgeschenk als Hilfe notleidenden Priestern in Südamerika zugedacht wissen.
Mit freundlichem Gruß
Der Kirchenvorstand und der :Pfarrgemeinderat
E. Nießen
Pfarrverweser
Die kirchlichen Verhältnisse (1969)
Die Pensionierung und der Verzug des Pfarrers Paul Erb zum 1.11.1969 bezw. am 5.12.1969 mögen Anlaß genug sein, das kirchliche wie auch religiöse Leben im Dorf Wanlo einmal rückschauend zu. betrachten.
Pfarrer Adolf Plönnies
Am 18.Okt. 1896 übernahm Pfarrer Adolf Plönnies die Pfarre Wanlo. Schon am 9. Dez. 1896 fand eine Sitzung des "Kirchenvorstandes und der kirchlichen Gemeindevertretung" *) statt, zu welcher der hiesige Bürgermeister W. Müllers und der Herr Regierungsbaumeister J. Busch aus Neuß eingeladen wurden. In dieser Sitzung wurde der einstimmige Beschluß gefaßt, die Pfarrkirche zu erweitern, nach dem vorliegenden, in frühgotischem Stile entworfenen Plane des Reg. Baumeisters J .Busch in Neuß. Die Kosten des Baues sollten durch Umlagen auf die Pfarrgemeinde und eine nachzusuchende Kirchen- und Hauscollekte gedeckt werden.
Über die alte Kirche schreibt Pfarrer Plönnies in der Pfarrchronik:
"Die alte Pfarrkirche stammt in ihrem ältesten Teile aus dem 13. Jahrhundert; sie eine romanische Pfeilerbasilika.
Im Laufe der Zeit zu klein für die Pfarreingesessenen, brach man im Jahre 1729 die Chorapsis ab, verlängerte das Hauptschiff und schloß dasselbe mit einer frühgotichen polygonen Chorapsis. Auch diese verlängerte Kirche erwies sich schon längst für die Pfarrgemeinde zu klein; sie war teilweise feucht, besonders war der neuangebaute Chor morsch, und, dazu befand sich die Kirche in einem innerlich und äußerlich sehr vernachlässigten Zustande."
Im Frühjahr 1898 wurde dann mit den ersten Bauarbeiten begonnen. Die gesamten Kosten beliefen sich auf 70.000,- Mark.
Pfarrer Plönnies starb am 4. Mai 1908. Er ist auf dem hiesigen (neuen) Friedhof beigesetzt. In der Nähe ist auch die Grabstätte seiner Mutter.
Was die älteren Leute Pfarrer Plönnies heute (1969) noch nachsagen, ist seine Bescheidenheit in den Bedürfnissen des alltäglichen Lebens und seine Mildtätigkeit. Es wird Pfarrer Plönnies nachgesagt, er habe nur noch einen einzigen Anzug besessen, den er werktags und sonntags getragen habe.
*) Aus "Chronik der Pfarrgemeinde Wanlo", beg. mit dem Jahre 1749
Brand der Kirche (1972)
5. April 1972
Brand in der Kirche !
Um 15:30 Uhr heult die Sirene "Feuer-Alarm". In der Kirche brennt es! Frau Moll, z.Zt. nebenamtl. Küsterin ,erzählt hierzu: "Um etwa 11:30Uhr war ich mit Theo Dederichs wegen der vor 14 Tagen überlassenen Blumenschalen, anläßlich seiner Hochzeit in der Kirche. Wir haben nichts bemerkt. Gegen 15:25 Uhr wollte ich Vorbereitungen für die Kindermesse treffen, als ich beim Eintritt in die Kirche starken Rauch bemerkte. Ich sah auch an der Stelle, wo der Beichtstuhl steht, Feuer. Ich lief zu Herrn Pfarrer Schuck, der sofort mit zur Kirche kam. Es war unmöglich, in die Kirche zu gelangen so dicht war der Rauch. Da wurde die Feuerwehr durch die Sirene alarmiert. Die ersten Feuerwehrmänner waren auch bald zur Stelle, konnten aber auch wegen des Rauches nicht bis zum Beichtstuhl vordringen. Pfarrer Schuck rief nun die Feuerwehr Wickrath an mit der Bitte, Atemschutzgeräte mitzubringen. Als man dann zum Beichtstuhl vordrang, war dieser bereits bis auf wenige Teile verbrannt. Man löschte den Brand und brachte die kohlenden Holzteile aus der Kirche."
Pfarrer Schuck benachrichtigte das Generalvikariat in Aachen und nach etwa 1 1/2 Stunden kam der Sachverständige, Herr Nießen, zur Brandstelle.
Abgesehen, daß der Beichtstuhl Schnitzwerk besaß und daher auch einen größeren Wert gehabt haben dürfte, ist der Schaden durch die Rauchentwicklung enorm. Die Orgel muß neu gestimmt werden, alle Bänke sind mit einem Rußfilm bedeckt, die Läufer und Teppiche sind voll Rußschwärze, die Meßgewänder müssen gereinigt werden, da in ihnen der Brandgeruch steckt, besonders hoch aber ist der Schaden am Gewölbe. Man wird nicht umhin kommen, die Kirche, die vor 15 Jahren neu ausgemalt worden war, nunmehr erneut ausmalen zu lassen. Bei den heutigen Preisen dürfte es eine kostspielige Sache sein. Der Gesamtschaden dürfte 40.000.- bis 45.000,- DM betragen. Die Ursache ? Polizei und Brandmeister haben nach der ersten Besichtigung "Kurzschluß" an einer Leitung zum Beichtstuhl als Brandursache Angegeben. Die Frage, inwieweit der Schaden durch Versicherung gedeckt ist kann noch nicht beantwortet werden. Hierzu muß noch erst die Versicherung selbst Stellung nehmen.
Vorstellung des Buches "Unser Wanlo" (2011)
Am 2. Oktober 2011 wurde nach einjähriger Arbeit das Buch "Unser Wanlo" im Rittergut Wildenrath vorgestellt.
ans-Ludwig Hoffmann hatte die Idee und konnte Hernn Alfred Brücher für die Erstellung gewinnen.
Ein Jahr lang sammelte Herr Brücher bei den Wanloer Bürgern Informationen sowie alte Fotos, die er strukturiert in das Buch einarbeitete.
Zur feierlichen Vorstellung im Rittergut vor ca. 200 geladenen Gästen aus Politik, Presse und Wanloer Bürgern las der 10-jährige Enkel von Herrn Brücher ein Kapitel zur Schulgeschichte sowie Herrn Hermann-Josef Van Der Varst einiges über das Karnevalsbrauchtum in Wanlo vor.
In den Festreden wurden die an der Erstellung des Buches beteiligten geehrt.
Bezirksvorsteher Arno Öllers würdigte die Bucherstellung und lobte das noch funktionierende Vereinswesen und die Gemeinschaft in Wanlo, mahnte jedoch die Büger von Wanlo zu mehr Einigkeit.
Für den musikalischen Hintergrund sorgte Wolgang Schaaf.
Der Buchverkauf wurde eröffnet und reichlich genutzt!
Und wer wollte, konnte sich das Werk signieren lassen.
Pfarrer Hans Josef Schuck verstorben (2014)
Nach langjähriger Krankheit verstarb am 8.August 2014 Pfarrer Hans Josef Schuck.
Er wurde 85 Jahre alt.
Hans Josef Schuck wurde 1929 in Eltville geboren.
Am 8.März 1950 empfing er die Pristerweihe in Oirschot (NL).
Von 1960 bis 1969 war er Kaplan in in Odenkirchen.
Er war von 1969 bis 2007 Pfarrer in Wanlo.
Am 13.April 2009 feierte er sein 50järiges Pristerjubiläum.
Seine Beisetzung erfolgte am 13. August 20014 auf dem Wanloer Friedhof.
Er wird den Wanloer Bürgern unvergessen bleiben.
Fotos aus Wanlo
Die Fotos wurden von Herrn Hermann-Josef Van Der Varst zur Verfügung gestellt,
der sie vom Schullehrer und Chronisten Heinrich Küppers übernommen hat.
Blick auf die Kirche |
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Blick in die Plattenstrasse in Richtung Wickrathberg |
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Blick auf den Marktplatz mit Wegekreuz und Bäumen |
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Blick in die Plattenstrasse in Richtung Wickrathberg |
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Blick auf den Marktplatz der früher mit Bäumen begrünt war |
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Blick von der Kuckumer Straße in die Kirchstraße |
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Blick auf die Kirche |
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Blick von der Plattentraße in Richtung Wickrathberg |
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Blick in die Heckstrasse |
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Blick über den Marktplatz in die Kuckumer Straße |
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Blick auf die Niersbrücke am Schweinemarkt |
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Blick von der Kuckumer Straße in die Kirchstraße |
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Blick von der Kuckumer Straße in die Kirchstraße |
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Blick auf die Niersbrücke, am Schweinemarkt. |
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Blick auf das alte Schulgebäude |
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Blick auf das alte Schulgebäude |
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Altar , stand bis ca 1960 in der Wanloer Kirche |
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St. Michaelis Kapelle , stand auf dem Gelände der heutigen Spielplatzes. |
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Alte und neue Pfarrkirche |
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Lenders- oder Schillingshof auf der Kuckumer Straße |
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Kappelshof |
Kappelshof auf der Plattenstaße |